Potsdam Sonntag Mittag
Lieber Karl!
Wenn ich Deinen letzten lieben Brief erst heute beantworte, so liegt der Grund darin, daß ich Dir den Tag unserer Abreise mit Sicherheit mitzutheilen wünschte. Wäre eine kühlere Temperatur eingetreten, so würde ich die Tageszüge benutzt haben. Bei dieser fulminanten Hitze läßt sich aber eine lange Fahrt am Tage kaum ertragen, und habe ich nun eben hier, in Potsdam, wo Friederike schon seit Mittwoch verweilt, mit ihr und meiner Schwägerin Klara verabredet, morgen
Montag Abend von Berlin auf der Anhalter Bahn um 11 Uhr abzufahren. Wir kommen dann am Dienstag
morgen um 9 Uhr 15 Minuten in Hof an. Ist Friederike nicht zu sehr angegriffen, so werden wir gleich weiter fortfahren und kommen dann am Dienstag Mittag um 2 Uhr 39 Minuten in Erlangen an. Sollten die Damen aber nicht im Stand sein, weiter zu fahren, so würden wir genöthigt sein, in Hof bis zum Mittag liegen zu bleiben und würden dann erst Abends um 10 Uhr 47 Minuten am Dienstag | in Erlangen eintreffen. Ist es möglich, so werden wir das erstere thun. Doch jedenfalls braucht ihr nicht ein Mittagessen vorzuhalten, da wir doch in Bamberg zu Mittag essen würden. Sollte die Reise und die Zeit unsererAnkunft eine wesentliche Veränderung erfahren, so erhältst Du noch Nachricht, nöthigenfalls per Telegraph.
Das freundliche Anerbieten der lieben Lina von Grundherr uns in Nürnberg zu beherbergen, nehmen wir dankbarst an, und bitte ich Euch, sie davon mit dem Ausdruck unseres Dankes zu benachrichtigen. Wir würden wahrscheinlich am Mittwoch Abend oder Donnerstag früh nach Nürnberg kommen und demnächst etwa am Freitag Mittag nach München abreisen. Von Onkel Gottlieb habe ich schon eine sehr freundliche Einladung in München erhalten und ihm darauf dorthin geantwortet.
Ich schreibe Euch in größter Hetze und Eile in des Vaters Stube unter vielerlei Geschwätz; verzeihe daher die Flüchtigkeit | dieser Zeilen. Das übrige können wir mündlich uns erzählen. Friederike befindet sich im Ganzen recht wohl, bangt sich freilich etwas vor den Strapatzen der Reise. Die Kinder sind recht munter; sie wurden gestern fortbefördert.
Gott gebe, daß wir ein frohes Wiedersehen feiern und auch bei Euch alle ganz wohl antreffen.
In treuer Liebe
Dein
Immanuel
Potsdam
Sonntag Mittag
Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel)Immanuel HegelJurist/Konsistorialpräsident der Provinz Brandenburg11657072518141891 Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel) (1814–1891), Bruder Karl Hegels, studierte von 1832 bis 1834 und von 1835 bis 1836 Jura an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, von 1834 bis 1835 an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München, trat 1836 in den preußischen Staatsdienst ein und war als Verwaltungsjurist in verschiedenen Verwendungen des Königreichs Preußen, vor allem im Staatsministerium, tätig, wurde 1865 Präsident des Konsistoriums der Provinz Brandenburg, heiratete 1845 Friederike Flottwell (1822–1861) und 1865 Clara Flottwell (1825–1912), beide Töchter des oftmaligen preußischen Oberpräsidenten und Staatsmanns Eduard Heinrich Flottwell (1786–1865), war u. a. Vater des preußischen Verwaltungsbeamten und Politikers Wilhelm (Willi) Hegel (1849–1925), war 1856 Taufpate seines Neffen Georg Hegel (1856–1933).
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Potsdam52.4009309,13.0591397Garnisons- und Residenzstadt des Königreichs Preußen an der Havel, etwa 30 Kilometer südwestlich von Berlin gelegen.
Privatbesitz
.
Privatbesitz
1000
Neuhaus
, Helmut (Hg.): Karl Hegels Gedenkbuch. Lebenschronik eines Gelehrten des 19. Jahrhunderts, Köln, Weimar, Wien 2013.
Neuhaus
, Karl Hegels Gedenkbuch
2013
Flottwell, Eduard HeinrichEduard Heinrich Flottwell11663107417861865Flottwell, Eduard Heinrich (1786–1865), preußischer Staatsmann, Minister und oftmaliger Oberpräsident, u. a. von 1841 bis 1844 Oberpräsident der Provinz Sachsen, 1849/50 Oberpräsident der Provinz Preußen, 1850 Oberpräsident der Provinz Brandenburg, Schwiegervater Immanuel Hegels (1814–1891).
Berlin52.5170365,13.3888599Hauptstadt des Königreichs Preußen und ab 1871 auch des Deutschen Reiches.
Hof50.3219015,11.9178807Seit 1810 Stadt im Königreich Bayern, an der Saale im Vogtland gelegen und seit der Mitte des 19. Jahrhunderts Knotenpunkt der bayerischen Ludwig-Süd-Nord-Bahn und der Sächsisch-bayerischen Eisenbahn, zentral für die Nord-Süd- und die Ost-Westverbindungen.
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
Bamberg49.8916044,10.8868478Alte Bischofsstadt in Franken, etwa 60 Kilometer nördlich von Nürnberg an der Mündung der Regnitz in den Main gelegen.
Nürnberg49.453872,11.077298In Franken an der Pegnitz gelegene ehemalige Reichsstadt, seit 1806 Stadt des Königreichs Bayern.
München48.1371079,11.5753822Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Bayern an der Isar in Oberbayern.
Anhalter Bahnhof (Berlin)Als Kopfbahnhof im Jahre 1841 eingeweiht und ursprünglich als Verbindung der „Anhalter Bahn“ zwischen Berlin und dem Fürstentum Anhalt angelegt, wurde er – mehrfach erweitert – wichtigster Fernbahnhof Berlins für Züge in die Mitte und in den Süden Deutschlands.