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Immanuel Hegel an Karl Hegel, Potsdam, 28. Juni 1857

Lieber Karl!

Wenn ich Deinen letzten lieben Brief2 erst heute beantworte, so liegt der Grund darin, daß ich Dir den Tag unserer Abreise mit Sicherheit mitzutheilen wünschte. Wäre eine kühlere Temperatur eingetreten, so würde ich die Tageszüge benutzt haben. Bei dieser fulminanten Hitze läßt sich aber eine lange Fahrt am Tage kaum ertragen, und habe ich nun eben hier, in Potsdam, wo Friederike schon seit Mittwoch3 verweilt, mit ihr und meiner Schwägerin Klara verabredet, morgen Montag4 Abend von Berlin auf der Anhalter Bahn um 11 Uhr abzufahren. Wir kommen dann am Dienstag morgen um 9 Uhr 15 Minuten in Hof an. Ist Friederike nicht zu sehr angegriffen, so werden wir gleich weiter fortfahren und kommen dann am Dienstag Mittag um 2 Uhr 39 Minuten in Erlangen an. Sollten die Damen aber nicht im Stand sein, weiter zu fahren, so würden wir genöthigt sein, in Hof bis zum Mittag liegen zu bleiben und würden dann erst Abends um 10 Uhr 47 Minuten am Dienstag in Erlangen eintreffen. Ist es möglich, so werden wir das erstere thun. Doch jedenfalls braucht ihr nicht ein Mittagessen vorzuhalten, da wir doch in Bamberg zu Mittag essen würden. Sollte die Reise und die Zeit unsererAnkunft eine wesentliche Veränderung erfahren, so erhältst Du noch Nachricht, nöthigenfalls per Telegraph.

Das freundliche Anerbieten der lieben Lina von Grundherr uns in Nürnberg zu beherbergen, nehmen wir dankbarst an, und bitte ich Euch, sie davon mit dem Ausdruck unseres Dankes zu benachrichtigen. Wir würden wahrscheinlich am Mittwoch Abend oder Donnerstag früh nach Nürnberg kommen und demnächst etwa am Freitag Mittag nach München abreisen. Von Onkel Gottlieb habe ich schon eine sehr freundliche Einladung in München erhalten und ihm darauf dorthin geantwortet.

Ich schreibe Euch in größter Hetze und Eile in des Vaters Stube unter vielerlei Geschwätz; verzeihe daher die Flüchtigkeit dieser Zeilen. Das übrige können wir mündlich uns erzählen. Friederike befindet sich im Ganzen recht wohl, bangt sich freilich etwas vor den Strapatzen der Reise. Die Kinder sind recht munter; sie wurden gestern fortbefördert.

Gott gebe, daß wir ein frohes Wiedersehen feiern und auch bei Euch alle ganz wohl antreffen.

In treuer Liebe
Dein
Immanuel

P. S. Bei Lina Grundherr wollest Du mich freundlichst entschuldigen, daß ich nicht selbst noch ihr geschrieben habe.