Berlin Dinstag den 28 Juli 1829
Lieber Karl und lieber Manuel!
Wir erhielten gestern Deinen Brief von Blankenburg mein lieber Manuel! ich schreibe Dir heute mit umgehender Post nach Goslar und hoffe mein Brieflein, wird Euch so wie das nach Wernigerode nicht verfehlen. Wir freuen uns herzlich das es Euch auf Euerer Reise so wohl geht und das bis jetzt Euch das Wetter so zimlich begünstigt hat. Dein Brieflein lieber Manuel gab zwar im Allgemeinen Auskunft aber ich hätte noch manche Frage im Einzelnen und muß mich damit wohl auf mündliches Erzählen und aufs Tagebuch vertrösten. Wie geht es Euch denn mit Eurem Geld, lebt Ihr nicht zu schlecht, so das der Mensch dabei bestehen kann und reicht Ihr aus mit dem was für den Tag ohngefähr gerechnet ist? – Wie kommt Ihr mit der wenigen Bagage zurecht – Habt Ihr fleisig waschen lassen? Die intressantesten Punkte stehen Euch noch bevor – ich wünsche nur das Ihr schönes helles Wetter auf dem Brocken gehabt habt – Zieht Euch nur wenn Ihr in die Bergwerke geht nicht zu leicht an, darauf läßt Euch Doctor Binder besonders aufmerksam machen.
Wir sind nun endlich in unser neues Quartier eingezogen – ich habe einen getreuen Hand- | langer dabei nicht wenig vermißt, besonders beim Ordnen der Bibliothek, die ich ordentlicher als sie je war aufgestellt habe, nach allen besondern wissenschaftlichen Fächern; – ich hatte dabei keine Hülfe und bin ehrlich müde geworden. Unsere Wohnung ist nun allerliebst, ihr werdet Euch über Euer freundliches Stübchen freuen. – – Des Vaters Antwort an Frau von Wahl ist nun abgegangen – er ist darauf eingegangen – jedoch in dem Sinne in dem ich Euch neulich davon schrieb – wir wollen freie Hand behalten – – fügt sich Wahl in die herkömmliche Ordnung und Stille unserer Verhältnisse und verträgt Ihr Euch gemeinschaftlich und ist er brav und ordentlich, so nehmen wir ihn herzlich gern als Pflegesohn auf. – Auf die bejahende Antwort der Frau von Wahl, wird Reißners Quartier gemiethet, und wahrscheinlich Ernst (Jettens Bruder) als Bedienter, und Jette an Wilhelminens Stelle! Ich bin begierig was Ihr dazu sagt.
Dir mein lieber Taubenvater hab ich die erfreuliche Nachricht mitzutheilen, das heute den 28sten Juni eine junge Taube das Licht der Welt erblickt hat. Die andere Schwester wird wahrscheinlich Morgen das Ei verlassen auf dem die Alte noch sitzt. Auch der | Kanarienvogel ist lustig und guter Dinge. Die Cactus stehen wieder sonnig und frisch auf dem Blumenbrett. Euere Komode und Kleiderschrank sind eingeräumt. Bett und Sopha stehen wohnlich da, nur die lieben Bewohner fehlen. Nun ich denke die längste Zeit Euerer Abwesenheit ist vorüber. Denen die in der Welt herum ziehen, wird die Zeit nicht so lange als denen die zu Hause bleiben – das hab ich voriges Jahr gemerkt.
Nun adieu Ihr Lieben. Es laborirt der Tischler und Schlosser um mich herum und die Poststunde ist da, darum noch geschwind in Eile ein herzliches Lebewohl von Vater und Mutter.
Hegel, Georg Wilhelm FriedrichGeorg Wilhelm Friedrich Hegel https://www.deutsche-biographie.de/sfz28648.html#ndbcontent11854773917701831 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1770–1831), Philosoph, Ehemann Maria Helena Susanna Hegels, geb. Tucher (1791–1855), Vater Karl und Immanuel Hegels , von 1808 bis 1816 Gymnasialrektor und Schulrat in Nürnberg, ordentlicher Universitätsprofessor für Philosophie von 1816 bis 1818 an der Universität Heidelberg und von 1818 bis 1831 an der Universität Berlin.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel)Immanuel HegelJurist/Konsistorialpräsident der Provinz Brandenburg11657072518141891 Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel) (1814–1891), Bruder Karl Hegels, studierte von 1832 bis 1834 und von 1835 bis 1836 Jura an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, von 1834 bis 1835 an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München, trat 1836 in den preußischen Staatsdienst ein und war als Verwaltungsjurist in verschiedenen Verwendungen des Königreichs Preußen, vor allem im Staatsministerium, tätig, wurde 1865 Präsident des Konsistoriums der Provinz Brandenburg, heiratete 1845 Friederike Flottwell (1822–1861) und 1865 Clara Flottwell (1825–1912), beide Töchter des oftmaligen preußischen Oberpräsidenten und Staatsmanns Eduard Heinrich Flottwell (1786–1865), war u. a. Vater des preußischen Verwaltungsbeamten und Politikers Wilhelm (Willi) Hegel (1849–1925), war 1856 Taufpate seines Neffen Georg Hegel (1856–1933).
Berlin52.5170365,13.3888599Hauptstadt des Königreichs Preußen und ab 1871 auch des Deutschen Reiches.
Privatbesitz
.
Privatbesitz
1000
Neuhaus
, Helmut (Hg.): Karl Hegels Gedenkbuch. Lebenschronik eines Gelehrten des 19. Jahrhunderts, Köln, Weimar, Wien 2013.
Neuhaus
, Karl Hegels Gedenkbuch
2013
Nicolin, Friedhelm (Hrsg.): Zwölf unbekannte Briefe von und an Hegel, in: Hegel-Studien, Bd. 7, Bonn 1972, S. 81-95
.
Nicolin, Friedhelm (Hrsg.): Zwölf unbekannte Briefe von und an Hegel, in: Hegel-Studien, Bd. 7, Bonn 1972, S. 81-95.
1972
Binder, N. N.-Binder, N. N., Dr., Arzt in Berlin.
Wahl, Wilhelm GustavWilhelm Gustav Wahl123995351818121890Wahl, Wilhelm Gustav (1812–1890), aus baltischer Adelsfamilie in Dorpat stammend, Sohn der Martha Wahl (1793–1865), ab 1829 Student an der Berliner Universität, der als Pflegesohn in Haus und Familie des Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831) lebte.
Reißner, N. N.-Reißner, N. N., Berliner Vermieter.
Ernst August I., König von HannoverErnst August I., König von Hannover11853092517711851Ernst August I. von Hannover (1771–1851), König von Hannover von 1837 bis 1851, Sohn König Georgs III. von Großbritannien und Irland (1738–1820) und der Herzogin Sophie Charlotte zu Mecklenburg-Strelitz (1744–1818), gebürtiger Herzog von Braunschweig-Lüneburg, in Großbritannien 1. Duke of Cumberland and Teviotdale, war ein britischer Prinz aus dem Haus Hannover aus einer Nebenlinie der Welfen stammend. Seit 1714 wurde Hannover, zunächst als Kurfürstentum, ab 1814 als Königreich, bis zum Tod des britischen Monarchen Wilhelm IV. (1765–1837; Haus Hannover) in Personalunion mit Großbritannien regiert. Mit der Thronbesteigung der Königin Victoria (1837–1901; Haus Hannover) als seiner Nachfolgerin in England endete diese Personalunion, da das Erbrecht in Hannover keine Frau auf dem Thron zuließ. Daher wurde dort der 66jährige Tory und Onkel Victorias neuer König, der sogleich bei seinem Amtsantritt 1837 das erst 1833 erlassene relativ freiheitliche Staatsgrundgesetz abschaffte, um absolutistisch herrschen zu können. Hierauf erfolgte der Protest der sogenannten „Göttinger Sieben“ Professoren, die infolgedessen allesamt von der Universität Göttingen entlassen wurden. Zu ihnen zählte neben Georg Gottfried Gervinus (1805–1871) auch Friedrich Christoph Dahlmann (1785–1860).
Blankenburg51.7902676,10.9551991Etwa 220 Kilometer südwestlich von Berlin und etwa 70 Kilometer südwestlich von Magdeburg entfernt gelegene Stadt des 1814 gegründeten Herzogtums Braunschweig am Nordrand des Harzes.
Goslar51.9059936,10.4266284Etwa 50 Kilometer nordwestlich von Blankenburg am Nordrand des Harzes gelegene Bergbau- und ehemalige Reichsstadt des Heiligen Römischen Reiches mit Sitz einer Kaiserpfalz seit dem 10. Jahrhundert.
Wernigerode51.8344172,10.7862526Etwa 15 Kilometer nordwestlich von Blankenburg und etwa 35 Kilometer südöstlich von Goslar gelegene Stadt am Nordrand des Harzes.
Brocken51.7991251,10.6156365Mit etwa 1140 Metern der höchste Berg des Harzes, etwa 25 Kilometer südöstlich von Goslar und etwa 20 Kilometer westlich von Wernigerode gelegen.