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Susanna Maria Hegel, geb. Tucher, an Karl Hegel, Erlangen, 5. Oktober 1868

Mein Herzliebster!

Eben erhalte ich Deinen Brief1 mit den Gottlob so guten Nachrichten von Euch Allen, wie freue ich mich darüber! möchte es immer so sein und wir uns in ohngefähr 14 Tagen recht glücklich und froh wieder begrüßen.

Auch bei uns geht es und mir ist ordentlich wohl und leicht, seit ich am Sonnabend2 das große Bettfaß glücklich expedirt habe, das mir wie ein großer Stein nicht auf dem Herzen aber im Magen lag. Es ging Alles ganz gut von Statten und die Leute auf der Eisenbahn waren sehr manirlich und ordentlich. Gestern haben wir nun schon einige Abschiedsbesuche gemacht und so löst sich Alles schön auseinander. Luischen ist voll guten Muthes und ich bin der besten Zuversicht daß ihr Aufent- halt in Friedrichsdorf zum Segen sein wird.

Heute ist sie nach Nürnberg, um dort noch Adieu zu sagen, hauptsächlich bei Tante Lina und Sophie, schon ein kleiner Schritt zur Selbständigkeit. Ich wollte sie erst nicht mehr hineinfahren lassen, aber die Verwandten scheinen es Alle so bestimmt zu erwarten und es ließ sich leicht einrichten. Gestern war Marie Götz hier bei uns, leider bei recht schlechtem Wetter, es ist so kalt und unfreundlich, regnet hie und da, daß ich immer mit Sorgen Eurer gedenke, Annchen hat nicht viel warmes Zeug bei sich, und der Umschlag ist so plötzlich gekommen. Es scheint aber, sie verträgt das Münchner Klima so gut wie Du, und ich freue mich recht auf ihre mündlichen Berichte. Frau Giesebrecht ist ja außerordentlich liebenswürdig gegen sie, hat sie sich denn eigentlich gut unterhalten bei dem souper wo ihr die Ehre erwiesen wurde unter all den gelehrten Herrn zu erscheinen? ich bin recht begierig das Nähere zu hören. Gestern Abend dachte ich Viel an Euch und suchte Euch im Oberon, das war gewiß wunderschön, Schade daß die Jessonda nicht gegeben wird, obwohl es mir recht lieb ist, wenn Annchen noch einen Tag hier mit uns ist.

Deiner Anweisung zu Folge ließ ich Dr. Schröder heute Morgen bitten, zu kommen; er machte das Paket auf, es fand sich aber kein Empfangsschein vor. Er nahm nun die Chronik mit und wird die Bezeichnung derselben aufsetzen und mir zur Beförderung an Dich bringen. Der Correkturbogen kam gestern von Leipzig, ich lege ihn bei, auch den Brief von Emma; den Frankfurter Brief machte ich auf, er enthielt nur den zurückgegebenen Empfangsschein.

Von Schweinfurt habe ich noch nichts gehört, hoffe aber daß Alle wohl sind und wir sie vergnügt treffen; wie Schade, daß Luise nicht ausgehen konnte, doppelt gut unter den Umständen, daß die Mädchen beim Onkel sind. Gestern erhielt ich einen sehr lieben Brief von Clara, Du wirst einen von Manuel nach München erhalten haben; sie schreibt mir unter Andern daß Onkel Gottlieb durch seine Liebenswürdigkeit in Eins die Herzen erobert hat; eine junge Frau Rotte? und deren Schwägerin sind ganz entzückt von ihm zurückgekommen, sage das doch an Tante. August ist also wieder zurück, Clara bedauert noch, so wenig für ihn und seine Unterhaltung habe thun können.

Die Kinder hier im Hause sind Alle wohl und frisch, Mundel macht seine Haar- und Druckstriche mit großem Eifer, Mariechen führt ihn immer in die Schule, wenn sie zu Herrn Lutz geht. Georg ist ordentlich, wenn er nicht arbeiten muß, ich begreife nicht, wie er gar keinen Eifer hat, sich für die Prüfung etwas anzustrengen. Bei Stintzings ist nun das Haus voll Gäste, Fräulein Bokelmann mit den Nichten, endlich hat Stintzing sich entschlossen, sein Lottchen herzugeben.

Doch nun Gott befohlen grüße alle Deine Lieben um Dich und danke den lieben Onkels für ihre Güte auch in meinem Namen.

An Alle, Löffelholz, Harsdorf, Giesebrecht die besten Grüße.

Morgen kommt Weizsäcker hier durch mit den Kindern. Er war wohl nicht in München?

Leb wohl, schicke mir nur möglichst viel Geld durch Annchen, es ist die Lebens-Versicherung zu zahlen, auch Kartoffeln sind zu kaufen.

Leb wohl, Gott geleite Dich glücklich nach Straßburg und zurück zu Deiner Dich herzlich liebenden Susanna.