Schönen Dank für Deinen so lieben Brief1, den ich heute Morgen erhielt und Dich nun in Gedanken auf der Farth nach Immenstadt begleiten kann. Möchtest Du nur mehr vom Wetter begünstigt sein als daß bis jetzt der Fall war, Sonnabend2 wenigstens war es bei uns sehr unfreundlich, so daß die Kinder des Nachmittags eine kleine Geduldsprobe durchzumachen hatten. Ich hatte ihnen versprochen, auf die Messe und in die Menagerie zu gehen und nun kam ein Guß nach dem andern, so daß wenig Hoffnung vorhanden war; endlich aber wurde es doch heller und Alle bis auf Sig- mundel konnten mit, Sophiechen begnügte sich mit Caroussel fahren und dem Anblick der schönen Papagey und Kakadus die außen hingen, dann brachten wir sie nach Hause und ich ging mit den Größern zur Hauptvorstellung um 7 Uhr hin; es waren zum Theil schöne Exemplare von Thieren besonders Löwen und ein Tiger, widerwärtig waren die Spielereien der Thierbändigerin mit der Hyäne; Annchen war ganz angegriffen davon und dankte Gott als es vorbei war. Gestern war es schön und sonnig, da hast Du wohl Dich in Augsburg’s Umgebung umgesehen; freilich war’s schön, als wir vor fünf Jahren3 so frei und frisch in die schöne Welt hineinfuhren, aber doch haben wir eigentlich jetzt noch mehr Ursache zu Lob und Dank und Freude, und so Gott will, werde ich ja auch mal wieder zu brauchen sein4, und die Hauptsache, daß wir uns lieb haben, und jedes Jahr lieber, das bleibt uns, auch wenn wir noch älter und grauer werden, nicht wahr mein Liebster?
Gestern Morgen erhielt ich Nachricht von der lieben Mutter mit der Aufforderung, ihr den Jungen und noch zwei der Mädchen zu schicken; ich sagte es erst nur dem Jungen und glaubte, er würde bedauern die Messe und ihre Herrlichkeit zu verlassen, aber er war selig und wurde höchlich beneidet von den Mädchen, da sagte ich es denn auch Luischen und ich glaube allerdings es ist besser Mariechen noch mitzugeben, sie würde sonst doch recht allein sein, Annchen fand sich darein, obwohl auch sie gern gegangen wäre, die Mädchen denke ich, höchstens acht Tage dort zu lassen, vielleicht bis Du wiederkommst, da sie ja doch noch Aussicht auf Simmelsdorf haben, der Junge könnte länger bleiben, wenn sie ihn behalten wollen. Er hat heute Morgen schon ordentlich und eifrig gearbeitet, eben in Deinem Zimmer, wo er doch ungestörter ist, in Nürnberg könnte er vielleicht bei Karlo unter Maries Aufsicht arbeiten. Gestern Morgen kam auch der Brief des lieben Manuel, an dessen herzlich-liebevollen Ton ich mich recht gefreut habe, es ist rührend, wie dankbar er sich für das Wenige ausspricht, das wir ihm bieten konnten, möchte er nochmal alle Befriedigung in seinem häuslichen Leben finden!!5
Mit Deinem Brief heute Morgen kam auch einer von Wilhelmine Tröltsch, die sich für morgen Nachmittag auf der Durchreise anmeldet, sie wird wohl über Nacht bleiben und könnte dann vielleicht unsre Kinderchen mit nach Nürnberg nehmen, sonst bringe ich sie wohl selbst hin, obwohl ich eigentlich nicht ängstlich gewesen wäre, sie alleine zu schicken, und Luischen war schon ganz stolz auf das Ehrenamt, das sie übernehmen würde mit Verwahrung der Billete und dergleichen.
Aushängebogen sind heute Morgen zwei angekommen, ich schicke sie an Kern.
Die Kinder sind Gottlob alle frisch und munter, gestern Nachmittag waren sie Alle bis auf Annchen die bei Schmids eingeladen war in Begleitung von Rosel und Margareth auf dem Geismarkt und Luischen, Mariechen und der Georg sahen die Seiltänzer mit der Margareth, während die alte Rosel mit Sophie- chen und Sigmundel heimging. Alle höchst befriedigt von dem gehabten Genuß, es war ein sehr schöner Abend so daß die Kinder bis acht Uhr im Garten blieben, Auguste freut sich immer, wenn sie den kleinen Dicken ein wenig haben kann und er stapfte so fröhlich im Garten herum, und fing sein Sophiechen, sie sind doch recht niedlich die zwei Kleinen miteinander.
Frage doch in Oberstorf nach der Frau Schwagerle, das ist die Hausfrau der Bayerlein, vielleicht könnten wir die Wohnung für nächstes Jahr im Auge behalten, nach dem Reden der Bayerlein müßte sie ganz für uns passen. Hoffentlich hast Du schon ansprechende Gesellschaft gefunden, das ist doch recht nothwendig. Schmid, der in Kissingen ist, klagt recht über absoluten Mangel daran.
Leb wohl Liebster, die Kinder grüßen und küssen den lieben Papa und freuen sich, wenn er wieder kommt.
Schreib mir bald wieder, nicht wahr? ich sehne mich so darnach.
Mit herzlichem Gruß und Kuß