Reichenhall 9. September
1863
Mittwoch
Liebes Suschen! Dein lieber Brief vom 7 und 8 September ist heute morgen beim Caffe mir von der Mutter übergeben worden. Herzlich erfreuten wir uns über die darin enthaltenen guten Nachrichten und bedauerten nur den Aufschub der Übersiedlung. Auch bei uns war das Wetter in den letzten Tagen unsicher, doch hat es nur am Sonntag Nachmittag geregnet, während wir gestern und vorgestern Nachmittag spazieren gegangen sind; die Morgen waren immer schön und heute sieht das Wetter wieder beständig schön aus: daher hoffe ich bestimmt, daß heute der Umzug stattfinden wird. Und auch ich werde Euch nur wenige Tage auf meine Ankunft warten lassen. Denn schon auf morgen ist unsere, d. h. der Eltern Abreise und meine Abreise von hier festgesetzt. Ich gedenke sie nach Salzburg zu begleiten, wo wir auch den Tag zusammen zubringen wollen, dann werden sie am folgenden Tag nach Linz gehen und ich nach München; doch will ich auf dem Wege einen kurzen Abstecher entweder nach Chiemsee oder nach Kufstein machen, aber in München übernachten. Von dort reise ich Sonnabends früh ab und hoffe Dich mittags in Nürnberg zu umarmen; es müßte denn sein, daß ich durch irgend welchen Umstand aufgehalten, erst am Abend kommen könnte: lieber aber werde ich den ersten Zug benutzen, schon deswegen, um die Kinder auf zu finden und mit Allen zusammen wieder einmal am Mittagstisch zu sitzen. |
Ich traf am Sonntag Nachmittag hier ein. Die Eltern hatten an demselben Tage eine größere Tour nach Lofer in Tirol angetreten, wozu auch ich eingeladen worden war, und kommen erst am folgenden Abend zurück. Ich suchte deshalb mit Crailsheims nur den Onkel
Gottlieb und die Seinigen auf, mit denen wir nach Groß Gmein gingen, wo wir viel‘ Gesellschaft und darunter auch Herz und den jungen Döderlein mit Frau aus der Pfalz und Prof. Luthart aus Leipzig mit Frau antrafen. Herz ist seit anderthalb Wochen hier und der Aufenthalt bekommt ihm gut, doch muß er den Arm immer noch in der Binde tragen. Am folgenden Nachmittag machte ich einen größeren Spaziergang mit Giesebrechts. Am Abend kamen die Eltern, sehr entzückt über die schöne Parthie, die sie ausgesucht hatten. Gestern Nachmittag waren wir bei einem Caffe, den Frau Thekla im Kirchholz veranstaltet hatte. Alles befindet sich wohl und ist vergnügt. Des Vaters Fuß peinigt ihn nur noch wenig. Ich habe hier nur noch einmal gebadet. Des Mittags aßen wir zusammen bei Crailsheims und ebenso des Abends, zum Caffe war ich die beiden Tage bei den Eltern. Heute wird eingepackt und wohl sonst nur wenig unternommen. – Die Zeitung hast Du wohl abbestellt, bis jetzt habe ich sie noch hier erhalten. Meinen Koffer schicke ich nach Nürnberg, weil ich die meisten Sachen die darin sind doch dort brauche.
Ich grüße tausend Mal unsere lieben Kinder und freue mich | von ganzem Herzen auf das Wiedersehen. Die Eltern werden auf dem Rückweg noch einen Besuch in Straubing und einen andern in Dunzenberg machen, und gedenken erst am Mittwoch in München einzutreffen. Grüß den guten Großpapa, wenn Du ihn siehst.
Innigst
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher
Susanna Maria Hegel, geb. Tucher116146891918261878Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher (1826–1878), häufig „Susette“ genannt, Tochter Johann Sigmund Karl Tuchers (1794–1871) und Maria Magdalena Tuchers, geb. Grundherr (1802–1876), Ehefrau Karl Hegels (1813–1901); siehe auch: Tucher, Susanna Maria.
Reichenhall47.7222676,12.8760923Kurort in den bayerischen Alpen, etwa 15 Kilometer südwestlich von Salzburg gelegen.In Oberbayern im Berchtesgadener Land gelegener Kurort, circa 23 Kilometer westlich von Salzburg gelegen.
Privatbesitz
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Privatbesitz
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Herz, JakobJakob Herz11675928318161871Herz, Jakob (1816–1871), in Bayreuth geborener jüdischer Medizin-Professor, der von 1835 bis zu seiner Promotion zum Dr. med. im Jahre 1839 an der Universität Erlangen studierte. Obwohl in Forschung und Lehre stark engagiert, lehnte die Universität 1854 sein Gesuch auf Habilitation ab, er erhielt aber vom bayerischen König die Erlaubnis, medizinische Vorlesungen anzukündigen und zu halten. Im Jahre 1862 zum Honorarprofessor ernannt, wurde er 1863 außerordentlicher Professor der Anatomie an der Universität Erlangen und 1869 als erster Jude in Bayern ordentlicher Professor. Begraben wurde er auf dem Jüdischen Friedhof in Baiersdorf. Er war Hausarzt der Familie Karl Hegels (1813–1901) und wurde1867 Ehrenbürger der Stadt Erlangen. Herz war aufgrund seiner überaus engagierten Lehrtätigket sowie als Arzt in Erlangen bei der Bevölkerung äußerst angesehen und beliebt; aus diesem Grund wurde ihm bald nach seinem Tod ein Denkmal errichtet, welches im Mai 1875 feierlich enthüllt wurde. Es ist das erste Denkmal in Bayern gewesen, das einem Juden zu Ehren gewidmet wurde.
Luthardt (Luthart), Christoph ErnstErnst Luthardt11940970418231902Luthardt, Christoph Ernst (1823–1902), aus Unterfranken stammender evangelisch-lutherischer Theologe, der nach dem Besuch des Gymnasiums in Nürnberg an den Universitäten Erlangen und Berlin studierte. Nach seiner Zeit als Religionslehrer in Nürnberg und München war er von 1854 bis 1856 außerordentlicher Professor an der Universität Marburg, anschließend bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1896 Ordinarius an der Universität Leipzig. Er war strenger Lutheraner und eine der führenden Persönlichkeiten der lutherischen Erweckungsbewegung.
Luthardt, Maria, geb. Preger
Maria Luthardt, geb. Preger121262105018291867 Luthardt, Maria, geb. Preger (1829–1867), war die erste Ehefrau des evangelischen Theologen Christoph Ernst Luthardt (1823–1902).
Giesebrecht, Wilhelm FriedrichWilhelm Giesebrecht
HiKo
11871736718141889Giesebrecht, Wilhelm Friedrich (1814–1889), in Berlin geborener Historiker, der 1851 außerordentlicher Professor der Geschichte an der Universität Königsberg wurde, von 1857 bis 1861 dort Ordinarius und anschließend bis 1889 an der Universität München war. Im Jahre 1858 wurde er Gründungsmitglied der Historischen Kommission bei der bayerischen Akademie der Wissenschaften und von 1862 bis 1889 deren Sekretär. Im Jahre 1875 wurde er Mitglied der neugeschaffenenen Zentraldirektion der MGH in Berlin und wurde Mitglied des Verwaltungsrates und Gelehrtenausschusses des GNM in Nürnberg.
Salzburg47.7981346,13.0464806Ehemalige fürsterzbischöfliche Residenzstadt an der Salzach, etwa 130 Kilometer südöstlich von München gelegen, ab 1816 zum Kaisertum Österreich gehörend.
Linz48.3059078,14.286198Stadt an der Donau im Kaiserreich Österreich.
München48.1371079,11.5753822Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Bayern an der Isar in Oberbayern.
Chiemsee47.8824752,12.475250380503947Größter See im bayerischen Alpenvorland, etwa 80 Kilometer südöstlich von München gelegen.
Kufstein47.582996,12.1692134Circa 90 Kilometer südöstlich von München und südlich des Chiemsees am Inn sowie an der Grenze zwischen Bayern und Tirol gelegener Ort mit Festung, der 1814 dauerhaft österreichisch wurde.
Nürnberg49.453872,11.077298In Franken an der Pegnitz gelegene ehemalige Reichsstadt, seit 1806 Stadt des Königreichs Bayern.
Lofer47.5866984,12.6934197Marktgemeinde im salzburgischen Pinzgau.
Tirol (Tyrol)Inmitten der Alpen im westlichen Österreich und an der Nordgrenze Italiens gelegene Landschaft, vom Inn als größtem Fluß durchflossen. Der Paß über den 1370 Meter hohen Brenner gehört zu den wichtigsten Alpenübergängen, der auch die Hauptorte Innsbruck im Norden und Bozen im Süden miteinander verbindet.
Groß Gmein47.7252029,12.9075755Die Gemeinde Großgmain liegt auf Salzburger Gebiet an der salzburgisch-bayrischen Grenze.
Kirchholz47.734584549999994,12.90546506729886Ausflugsziel in Bad Reichenhall.
Straubing48.8819801,12.569716Stadt an der Donau zwischen Regensburg und Deggendorf, etwa 80 Kilometer nordwestlich von Passau gelegen.
Tunzenberg (Dunzenberg)Westlich von Deggendorf zwischen Donau und Isar gelegenes Schloßgut, das sich seit 1832 im Besitz des Juristen und Politikers Julius Adolf von Niethammer (1798-1882) befand.