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Karl Hegel an Susanna Maria Hegel, geb. Tucher, Straßburg, 30. September 1866

Liebes Suschen! Eben im Begriff von Straßburg nach Basel abzureisen, will ich Dir noch mit wenigen Zeilen von mir Nachricht geben. Erst gestern konnte ich hier meine Arbeiten vorläufig abschließen, wobei es besonders hinderlich war, daß ich auf der Bibliothek nur Nachmittags und nur bis 5 Uhr arbeiten konnte und Handschriften von dort nicht ins Haus verliehen werden. Nach 5 ging ich fast täglich mit Kunitz, der mir viel Freundschaft bewiesen hat, spazieren, aß dann zu Nacht und las Zeitungen im Casino.

Deinen lieben Brief vom vorigen Sonntag1 habe ich richtig erhalten und gereichte er mir durch seine guten Nachrichten sehr zur Beruhigung. Die Cholera macht freilich ihren Weg weiter, auch hier sollen einige Fälle angekommen sein, wie mir Kunitz sagte, sonst hätte ich nichts davon erfahren und auch wußte er es nur von seinem Arzte.

Ich gedenke nicht mehr lange auszubleiben. In Basel habe ich wohl nur einen Tag zu thun: doch möchte ich, wenn das Wetter gut ist, einen oder zwei Tage am Bodensee verweilen um mich zu erfrischen; denn hier in Straßburg war wenig davon für mich zu haben. Doch am vergangenen Sonntag machte ich – freilich allein – eine recht schöne Parthie nach den Vogesen, nach dem Odilienberg, auf dessen Spitze ein Kloster, von wo aus man eine sehr schöne Rundsicht bis an den Schwarzwald über den Rhein hinüber hat.

In Basel suche ich heute Nachmittag Wackernagel auf; ich logire im Kopf und bleibe morgen dort.

Möge es Dir und den lieben Kindern wohl gehen, liebe Susi. Tausend Grüße an Euch von

Deinem
in Ewigkeit Getreuen.