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Georg Gottfried Gervinus an Karl Hegel, Wiesbaden, 16. Dezember 1840

Notiz / aus einem Briefe.1

“ als Kürzungszeichen Die Philosophie der Geschichte Deines Vaters habe ich erhalten und danke herzlichst dafür. Daß ich nicht wieder dazu kam vorerst, wirst Du begreifen und entschuldigen. Mich drängt es gar sehr, zu endigen und leider geht es mir nur mit meiner Gesundheit nicht zum besten. Ich hätte so gern im neuen Hause gleich ein neues Leben begonnen und eine neue Thätigkeit. Mein 4ter Band2 scheint Dich nicht so befriedigt zu haben, als Du vielleicht erwartetest. Möglich, daß etwas von meiner Ungeduld, zum Ende zu kommen, schon in diesem Bande zu Tage kam, was freilich für den 5ten3 ein schlimmes Omen wäre. Was die Behandlung angeht, so glaube ich sie doch immer mit Liebe betrieben zu haben; auch finde ich, gerade auf das hin was Du anregst, daß mir auch in diesen Regionen noch die Eigenheit geblieben ist, die hier schwer zu behaupten war, daß ich nämlich unwillkürlich vor den Gegenständen die Manier so ändere, wie es dieselben mit sich bringen. Bei einem Gedichte wie dem Messias, das so ungeheuer prätensiös durch seinen Inhalt wird, war es wohl natürlich, mit großem Gewicht auf die Form sich zu werfen um fühlbar zu machen wie viel zum Gedichte fehlt, wenn es nichts als Inhalt hat; vollends wenn auch der Inhalt nur ein scheinbar werthvoller ist. Vor Göthe bin ich auch im 5ten Bande überall ganz objektiv geblieben, wie er es verlangt, und vor Schiller wandelt mich allerdings jedesmal die Wärme an, die ihm selbst eigen ist, das Hindeuten auf Zielpunkte und was Alles eine Subjectivität wie die seinige in uns anregen kann – und dieß wird Viele glauben machen ich halte es doch im Innersten meiner Seele sehr mit Schiller. Es ist doch auch was eigenes um solch einen Mann, der immer wie ein Comödiant erscheint, und doch gar keiner zu sein begehrt, was bei Göthe ganz umgekehrt ist. Ich hatte ordentlich es darauf angelegt, bei Gelegenheit der historischen Werke Schillers meine ganze völlige Unpartheilichkeit recht zu beurkunden; aber auch hier nahm mir Schiller selbst gleichsam die Waffen, da er selbst seine historische Schwäche gestanden hat, besser als ein Fremder sie enthüllen kann. “ als Kürzungszeichen

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