Der Schlag ist wirklich gefallen, mein Bruder ist mir verloren; gestern haben wir ihn beerdigt. Lassen Sie mich über diesen schrecklichen Fall schnell weggehen; ich habe diese Tage in falscher An- und Überspannung meiner Kräfte und Gefühle gelebt und leben müssen, daß ich nicht fähig bin mich irgend zu fassen. Es wird mich Mühe kosten mich über und aus diesen Bedrängnissen zu erheben. Es ist doch etwas Schreckliches darin, sein Haus wenn nicht zerstört und zerfallen, so doch des haltenden Ecksteins beraubt zu sehen, nach dessen Verlust nun das Ganze nur wie viere2 drohende Trümmer hängt. Der Sohn zweier lebender Eltern, der Vater zweier kleiner Kinder, der Gatte eines lieben Weibes seit 4 Jahren, der Bruder eines einzelnen Bruders – so brach er sterbend dem Familienkreise den Mittelpunkt aus und nun stäubt diese in alle Lüfte. Alle Bande die ans Leben fesseln können, und er mußte fort, und ging schmerzlos und lag wie entzückt, ein sehr schöner Todter! O Gott, es ist der erste mir Nahe und Theure, den ich in meinen Armen sterben sah und begrub und überhaupt verlor und es kommt mich hart an mich hinein zu finden.
Mir selbst geht es noch nicht besser; wie konnt ich auch in diesen Tagen an mich denken?
Ob Sie mich nun noch ein Glückskind nennen? Wenigstens scheint es ich müsse entweder keines sein, oder eines in jener höchsten aber schmerzhaften Art, in jenem ächtesten Sinn: daß mir nämlich kein Glück ohne einen beglückenden Anfall gegeben werde, der mich zeitig mahnt mich nicht zu überheben, der mich an die gebrechliche Menschlichkeit erinnert.
Von Anderem ein andermal. Hier ist Gladbachs Gudrun. Es thut mir fast leid Ihnen dies Fragment und Skizze zu schicken. In meinem Kopfe liegt das Alles ganz anders. Wenn es Ihnen nicht gar zu sehr störend ist, so schreiben Sie mir immerhin noch einmal, ehe ich die lang schuldig eigentliche Antwort auf Ihren Brief schicke.
Sie sehen wohl daß ich unter diesen Verhältnißen schwer von hier weg kommen werde; schwer nach Norden, geschweige denn nach Süden. Sa- gen Sie Schlosser was mich hier hält bisher, und was jetzt. Ich soll nun hier Allen Stütze und Trost sein und bedürfte dessen selbst so viel.
Von Victorie alles Liebe und Schöne. Sie treibt mich in gewissen Geschäften nach Heidelberg, so daß am Ende doch noch das Unwahrscheinliche geschehen könnte.
P. S. Ich erhalte eben noch Ihren Brief3 und danke / für Ihre Sorge um mich. Grüßen Sie Schlosser / schön und sagen ihm daß ich ihm meinen Ab- / schied schreiben wenn nicht sagen würde.