Es wird Dich dießmal wohl interessiren, bald etwas über unsere hiesigen Dinge zu hören und darum schreibe ich Dir schneller als sonst. Es war wohl nöthig, daß etwas in der Patentsache geschah, wenn wir nicht mit dem ganzen Lande in Einer verworfenen Liste der Feigen und Indolenten später stehen wollen. Übrigens wird nichts auf diesen Schritt erfolgen. Einzelne Pastoren oder Magistrate werden sich bewogen finden, nachzugehen; einzelne hiesige Professoren haben sich gleichfalls ehrenwerth geäußert1, allein das ganze Land bleibt gleichgültig. Der Mittelstand, der hier handeln müßte, weiß von dieser Beamtenverfassung nichts, die in keiner Weise in das Volk sich gesetzt hat, die Beamten sind abhängig, die Minister sind ohne Treue und Ehre übergangen, und so wird dieß Land verlassen bleiben, denn auch der Bund wird es sich selbst überlassen und nichts thun, da es in der Bundesacte nicht an Stellen fehlt, wohinter sich die Politik so gut verkriechen kann, wie die Gewissen der Einzelnen hier im Lande für Eidbruch und Alles Entschuldigungen genug zu finden wissen. In dieß Traurige muß man sich mit einem größeren Blick in das Ganze der Räume und Zeiten finden; es werden sich andere Orte und Jahre einstellen, wo das Unrecht vergolten wird, das hier geschieht. Unser Schritt war natürlich nicht auf Aufregung und dergleichen berechnet, wir konnten nur damit unser Pflicht- und Ehrgefühl vor der Welt retten wollen. Es findet hierorts auch im Ganzen nur unter den Wenigeren Anklang uns so scheints im ganzen Lande zu sein, wo man sich dem sonderbarsten Schweigen, Argwohn und Mistrauen ergeben hat. Die Jugend war etwas bewegt und begrüßte uns mit Vivats und dergleichen, von außen kommen uns ehrende Adressen auf Privatwege zu, z. B. aus Hamburg von einigen 70 Juristen u. s. w. Dort circulirt die Protestation in Lithographien, hier im Lande rührt man nicht die Hand drum. Die Zeitungen haben sie zum Theil verstümmelt gebracht, die Leipziger Allgemeine soll sie vollständig enthalten haben. Im Preußischen wird sie wohl kaum gedruckt werden dürfen, sie ist deutlich und hell. Übrigens sind nach Berlin Exemplare gegangen z. B. an Ranke. Was für uns persönlich erfolgen wird, weiß ich nicht. Wir sind auf Suspension und auf Absetzung gefaßt, die Universität geht dann zu Grunde, denn es werden grade auf einen solchen Schritt noch mehrere der Professoren entgegen treten. Ich gestehe, daß ich dem indolenten Lande eine augenblickliche Strafe dieser Art wünsche, damit man sich über die Früchte des Despotismus nicht einen Augenblick täusche. Wenn Preußen einen Act der Klugheit zugleich in einen Act der Rechtlichkeit thun wollte, so plünderte es jetzt die ganze Universität aus, holte sich tüchtige Leute und gäbe Deutschland einen Wink, daß ihm diese politischen Protestanten keine unloyale Leute zu sein scheinen. Leider aber hat Niemand das Vertauen zu Preußen weder, noch zu dem Bunde, man glaubt hier nach den besten Quellen, daß der König im Einverständiß mit Allen handle. Begreifst Du dieß? Wer will künftig noch von dem Bunde und von Preußen von Loyalität und Rechtlichkeit reden hören, der sie dem Unrecht, der Gesetzwidrigkeit und der Revolution selbst die Hand reichen sieht? Die traurigsten Gedanken gehen einem bei diesen Dingen durch den Kopf. Wenn jetzt Zürich eine reiche Hand aufthun wollte oder könnte, es könnte in Einem Schlag die erste Universität besitzen und einen Herd deutscher Bildung in seiner Mitte bauen, und wir Deutschen hätten das Nachsehen. Denn nun sehen wir einmal, wie Gelehrten, und fühlen es lebhaft, wie kein Gedeihen menschlicher Wissenschaft sein kann unter Willkür und der wenigen Plackerei der Absolution, die heut gründet und morgen zerstört. So ruhige Männer wie die Grimms fühlen sich so lädirt, die die Politik so wenig sonst kümmert. Das Immoralische ist auch in der That das Verletzendere, obgleich die Politik des neuen Regenten eben so ungeheuer unvernünftig ist, daß man gar seinem Verstande nicht traut, wenn man dergleichen von gebildet sein sollenden Menschen ausgehen sieht. Was ich anfange, wenn eine Gewaltsmaasregel uns trifft, weiß ich noch nicht. Vorerst würde ich desto mehr nach Italien eilen. Daß ich am wenigsten empfindlich getroffen würde durch eine solche Maasregel, weißt Du schon aus meinem Stande zu diesem Universitätstreiben überhaupt. Ich würde zufriedener leben mit wenigem, wenn ich mir selbst und allein wieder überlasen bin. Wenn es dahin käme, so dürftest Du mir diese Ruhe und Muße eher beneiden, als meinen Ruhm, den ich gerne preis gebe. Ich könnte mir diese Ruhe leicht schaffen mit einem Entschlusse; allein ich glaube, so wesentliche Veränderungen unseres Lebens müssen uns von dem Schicksale bestimmt vorgeschrieben werden. Da hast Du meinen historischen Köhlerglauben wieder.
Der 7te ist Albrecht, der Staatsrechtlehrer.
Daß Deine Aussicht so zerschlug, hatte ich gehört durch Deine neue Freundin und Correspondentin2, und that mir sehr leid. Mir hätte dieß in jeder Hinsicht passend und sehr ersprießlich geschienen. Daß Du nun nicht über die italienische Reise verhandeln magst, begreife ich sehr gut; auch könnte ich kaum; denn nun ists möglich daß ich früher und bald gehe; möglich daß, wenn wir in Ruhe gelassen werden, ich keinen Urlaub kriege, und was ist nicht Alles sonst noch möglich! – Gladbach wirst Du nun bald sehn, er kann Dir von uns erzählen; er war 4 Wochen hier, grade in diesen tumultuarischen Zeiten. – 3