Wie ich mich sehne Deine lieben Hände zu fassen, an Deinem Herzen, das ich ja mein nennen darf, zu ruhen, und Dir so recht inniglich zu danken für alle Liebe, für alle reichen Gaben derselben, mit welchen Du mich heute2 überhäuftest, mein Einzig-Geliebter, kann ich Dir unmöglich sagen. Wie wunderschön willst Du mich schmücken mein Herzliebster, viel, viel zu schön und zu reich!! Und die unendliche Freude, die mir Dein theures Bild3 machte, mit erneuten Entzücken betrachte ich es immer wieder, und meine Seele fühlt Nichts als die reichste Wonne bei dem Gedanken, ganz Dein eigen zu sein für alle Zeit, und selbst der Gedanke an die Trennung von der Heimath vermag meinen Jubel nicht zu dämpfen, und soll es auch nicht, denn mein ganzes Wesen ist Eins mit Dir, meinem Liebsten, und Nichts in der Welt könnte mir mein halbes Leben ohne Dich zu einem glücklichen und befriedigten machen. Dank, ewigen Dank gegen Dich und gegen den guten Vater im Himmel, der Dich mir gab, erfüllt mein Herz und ich will Gott preisen und loben mein Lebenlang für die wunderbar herrliche Führung unsrer Lebenswege zu der glückseligen Vereinigung unsrer Herzen. Freilich, mein Karl, lebt die feste Zuversicht in mir, daß Gott uns von jeher für einander bestimmte, und uns besonders für einander aufbewahrte, bis er es in seiner weisen Güte für gut fand, daß wir uns finden sollten. Dein Brief4, mein treuer Karl, entzückte mich hoch und die erhobne, freudige Stimmung, in die er mich versetzte, begleitete mich in den heutigen Tag, und zeigte mir in nicht gar weiter Ferne das herrliche Bild unsres ehelichen und häuslichen Glückes, wenn ich sehnsüchtig Dich, meinen Liebsten zu mir wünschte.
Alle Deine Liebesgaben, mein Herzens-Karl, die die theure Mutter und die liebe Friederike so wunderschön besorgten, finde ich ganz herrlich, nur zu reich für mich; die theure Mutter, wie gerne hätte sie gewiß Alles selbst besorgt und gepackt, doch erkenne ich in Allem ihre Wahl und ihren schönen Geschmack; und sie selbst fügte so überaus reiche Gaben bei, und Friederike sandte mir auch ein so hübsches Geschenk, daß ich gar nicht weiß, was ich am Meisten bewundern soll. Ein rechter Wermuthstropfen in meine Freude waren mir freilich die schlimmen Nachrichten von der theuren Mutter Befinden; wir kannten ihr Leiden bis jetzt gar nicht in seiner ganzen Ausdehnung, und es scheint fast, als ob es sich in letzter Zeit sehr verschlimmert hätte. Du bist jetzt so glücklich bei ihr zu sein, mein Herzliebster, und wirst mir wohl im nächsten Brief schreiben, wie Du sie fandest, ob schlimmer als an Neujahr, denn von einer Besserung seitdem, scheint gar keine Rede sein zu können. Gott gebe doch seinen Segen und schicke ihr die verlornen Kräfte wieder, daß sie uns, die wir ihr angehören und so innig lieben noch lange erhalten werde.
Heute ist der theuren Mutter Geburtstag5 und Du, mein Liebster, bist so glücklich, ihn mit ihr zu feiern, während ich alleine von ihren Kindern in der Ferne sein muß; doch sind wir ja Eins, mein Geliebter, und so weiß ich, daß selbst der weite Raum uns eigentlich nicht ganz zu trennen vermag, wenn ich mich nur recht in Euren lieben Kreis denken könnte; aber mir ist das nicht vergönnt, wie meinen lieben Eltern, die die ganze Häuslichkeit der lieben Mutter kennen, und in Gedanken in diese lieben Räume treten können. Meine Gedanken und Empfindungen sind heute sehr gemischter Art; ich lobe und danke Gott für das Glück Deiner Liebe, der ich auch den innigen Antheil an der theuren Mutter warmen Herzen verdanke, und ich bin fröhlich in dem Reichthum Deiner Liebe, anderntheils denke ich mit schweren Herzen an die theure Mutter, und vermag die Befürchtung nicht zu unterdrücken, daß sie uns vielleicht nicht lange mehr erhalten werden könnte. Was gäbe ich darum, könnte ich bei ihr sein, die kostbare Zeit, daß wir uns ihrer Liebe noch erfreuen, recht auskaufen und ihr sagen und zeigen, wie lieb sie mir ist. Es ist mir eine schmerzliche Entbehrung, so lange die Freude erwarten zu müssen, sie als meine geliebte Mutter wieder zu sehen.
Meine Gedanken sind stets bei Dir und begleiten Dich auf allen Deinen Wegen, mein theurer Geliebter, sie folgen Dir heute nach Erfurt, wohin ich Dir wahrscheinlich bald ganz folgen werde; denn voraussichtlich währt doch das Parlament länger, als unsre Liebe es wünscht. Ich bin sehr gespannt, was Du mir von dort, und von den Aussichten und Erwartungen, die man an den Reichstag knüpft, schreibst. Schreibe mir doch Alles, was Dich bewegt, Du liebster meiner Seele, ob Du heiter bist oder nicht, ob Deine Hoffnungen und Erwartungen erfüllt werden oder ob Du schmerzliche Enttäuschungen zu erfahren hast; ich möchte so gerne Alles mit Dir theilen, und selbst wenn ich Dich nicht verstünde, kann doch mein Herz jede Regung des Deinigen nach- und mitempfinden.
Ich sende heute meinen Brief ab, er soll Dich morgen am Tage der Parlaments-Eröffnung erreichen, und Dir meine Glück- und Segenswünsche bringen. – An die theure Mutter und Friederike schreib ich heute Morgen6, um Beiden zu danken für alle Liebe, und darum kann ich diesen Brief erst mit dem Abendzug fortschicken, vielleicht erhältst Du ihn aber doch morgen, denn Du bist mir ja jetzt viel näher, ich denke es mit Entzücken.
Leb wohl, mein süßes, liebes Herz, ich erwarte so bald keinen Brief, denn Du wirst sehr in Anspruch genommen sein, vielleicht liebe Bekannte finden, welchen Du Dich widmen mußt; ich weiß doch, daß Du mein bist und wenn ich mich recht nach Dir sehne ist mir Dein liebes Bild, das an meinem Nähtischchen hängt und mich treu und liebevoll ansieht ein süßer Trost.
Leb wohl! Gott sei mit uns!!