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Karl Hegel an Matthias Lexer, Erlangen, 28. Oktober 1867

Theurer Freund!1

Hoffentlich haben Sie die Geschichts- und Alterthumsforscher und sodann den Wohnungswechsel glücklich überstanden. Der October hat uns nach Kälte und Schnee (in München, als ich bei der Commission war2, schneite es zwei Tage) ja auch noch um einen freundlichen Herbst gebracht. Unseren Commissionsbericht, von Giesebrecht verfaßt, werden Sie in der Beilage der Allgemeinen Zeitung vom letzten Sonnabend3 gesehen haben. Die Chroniken nahmen mich von vielen Seiten zugleich in Anspruch, so daß ich auch mit den Straßburgern nicht so rasch, wie ich wünschte, voran komme. Indessen wäre es mir lieb, wenn ich meinen Closener4 bald wieder haben könnte. Sollten Sie jetzt nicht mit ihm fertig werden, so kann ich ihn später noch einmal schicken. Freilich nicht unbedeutend ist der Gewinn aus der Vergleichung und Berichtigung nach dem Original. Ihr Bedenken wegen ½ bei den Zahlen, wo die Schlinge im / auch nur graphischer Natur sein könne, ist mir gleichfalls aufgestoßen und will ich mir eine Anzahl angemerkter Stellen bei Königshofen auch noch einmal im Codex darauf ansehen. Die 33½ Tage bei den Geißelern5 finden sich aber auch sonst und sind an sich das Richtigere. Was die Schreibung des Umlauts bei u angeht, so wäre ich jetzt sehr dafür, sie ebenso anzugeben, wie Sie in Königshofen gethan, mit Doppelstrich – davon eine Unterscheidung zwischen ú und ü6 würde sich kaum durchführen lassen und wäre wohl allzu tüftelich.

Ich war überrascht zu hören, daß Sie jetzt ein mittelhochdeutsches Handwörterbuch für Hirzel ausarbeiten. Das ist gewiß eine große und schwierige, aber auch sehr verdienstliche Arbeit. Mich wundert, daß Hirzel selbst sich nicht scheut, seinem Müller und Zarncke in dieser Weise Concurrenz zu machen. Mit der Bearbeitung von Schmeller’s Wörterbuch nimmt es nun, nach dem uns darüber Mitgetheilten, auch einen guten Fortgang: sie ist weit schwieriger als man sich vorstellte.

Möge es Ihnen und der lieben Ihrigen fortdauernd wohl gehen!

Wackernagel war in München für mich fast nur in den Commissionssitzungen sichtbar; er zieht sich auffallend zurück, beweist sich aber bei den Arbeiten, wo er kann, nützlich.

Freundschaftlich
der Ihrige
Carl Hegel.