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Karl Hegel an Matthias Lexer, Erlangen, 1. Februar 1863

Geehrter Herr Doctor!

Es freut mich von Herzen, daß Ihnen mein Brief1 zur Beruhigung gedient hat. Ein offenes vertrauensvolles Aussprechen Ihrer Stimmung würde Ihnen diese große Unruhe, die ich in solcher Weise nicht geahnt habe, gewiß schon früher genommen haben, weil Sie dann erfahren hätten, daß es niemals meine Absicht war, Sie einem ungewissen Schicksal preiszugeben und daß mir Ihr Wohl aufrichtig am Herzen liegt. Als ich Ihnen vor einiger Zeit eröffnete, daß es mir nicht möglich sein würde, Sie noch auf längere Zeit zu beschäftigen, befand ich mich am meisten in der Verlegenheit einen historischen Mitarbeiter für die Augsburger Chroniken aufzustellen, um Ihre letzten Arbeiten zu nutzen und Ihnen dort weitere Arbeiten zu schaffen, während auf dem Nürnberger Gebiet voraussichtlich, für die nächste Zeit wenigstens, nicht viel mehr für Sie zu thun war.2 Um so mehr bin ich darauf bedacht gewesen die Hülfe zu suchen, die mir auch wie Thatwillen nothwendig war und ich bin nun so glücklich, Ihnen mittheilen zu können, daß ich den Mann gefunden habe, dem ich die Bearbeitung der Augsburger Sachen mit vollem Vertrauen übertragen kann und der sie hoffentlich, nach seiner bisherigen Art zu arbeiten, ebenso rasch als gründlich fördern wird; ich habe in diesen Tagen die Zusage des Dr. Usinger (zur Zeit in Göttingen) erhalten und er wird zu Ostern bei uns eintreten.

Es wird mir also nun um so lieber sein, je mehr Sie ihm in der Bearbeitung und auch in der Kritik der Texte, in Ansehung ihres Verhältnisses untereinander, schon den Weg vorbereitet und angebahnt haben. Die Münchner Handschrift haben Sie erhalten, die Augsburger sind noch nicht angekommen.

An Kern sende ich das eben erhaltene kleine Absageverzeichniß morgen wieder zurück.3 Im Fall er sich wirklich dazu entschließt – wozu ich meine Genehmigung gern voraus ertheilt habe – das große Absageverzeichniß aufzugeben, so wären jetzt noch die Varianten aus B in das kleine einzutragen. Kern vermißt zwar seine Collation, aber ich meine daß er keine Schwierigkeit haben kann, nach Ihrer Randbemerkung auf Bogen 14, diese Varianten aus dem großen Absageverzeichniß, wo Sie sie vorgegeben haben, herüberzunehmen.

Meine Aushängebögen schicke ich an Kern gleichzeitig für Sie mit.

Mit Ihrem Verfahren in Ansehung der Meisterlinschen Handschriften des Archivs4 bin ich ganz einverstanden und meine, daß es gut wäre sie wenigstens an allen zweifelhalften wichtigen (den Sinn berührenden) Stellen noch zu Rathe zu ziehen. Das Heer der wenig zur Sache austragenden Varianten zu vermindern ist gewiß wünschenswerth.

Die Correcturen der Druckbogen werden sodann Ihnen zugehen und kann Dr. Kerler sie nach Ihnen noch5 einmal durchgehen. Dieser wird sie mir […] zuschicken. Im Fall eine Revision nöthig erscheint, – was nicht immer nöthig sein wird, da ich finde daß die neue Druckerei die Correcturen sehr gut ausführt. – werde ich selbst sie nur hier besorgen.

Und nun lassen Sie das alte schöne Verhältniß gegenseitigen Vertrauens unter uns vollkommen hergestellt sein!

Herzlichst
der Ihrige
Carl Hegel.