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Karl Hegel an Matthias Lexer, Erlangen, 8. Dezember 1865

Hochgeehrter Herr Professor!1

Sie erhalten hierneben zwei Exemplare des neuen Bandes, das eine für Sie, das andre für Kern, den ich herzlich zu grüßen bitte.

Ich danke Ihnen für den Ausdruck Ihrer Theilnahme bei dem Todesfall, der sich in meiner Familie ereignet hat; meine Frau besonders hat ihn recht schwer genommen, da sie eine große Zärtlichkeit für das viel versprechende Kind hatte, welche durch die längere Pflege während seiner Krankheit noch vermehrt wurde.2

Es thut mir herzlich leid, daß ich Sie durch meine Erwähnung Ihres Antheils an der Bearbeitung des ersten Bandes der Augsburger Chroniken3 nicht befriedigt habe. Diese Erwähnung konnte in der Vorrede nur eine allgemeine sein, da, was Sie im Besondren für die verschiedenen Texte gethan haben, sich aus den Einleitungen zu diesen ergiebt, wo Sie selbst über die Handschriften berichten und somit auf’s Deutlichste als deren Bearbeiter auftreten.

Und eben hieraus erhellt auch, daß Sie die dritte Chronik nicht bearbeitet haben, weshalb ich nur sagen konnte, daß Sie die Herstellung der Texte in diesem Bande „zum Theil“ besorgt haben. Wie viel oder wie wenig bei diesem Theil an dem Ganzen fehlt, kann jeder leicht sehen.

Dr. Frensdorff hat seine Bemühungen um die kritische Feststellung der Texte nachträglich in solcher Weise gegen mich geltend gemacht, daß ich nicht umhin konnte, deren besonders zu gedenken. Ich habe dies allerdings in anderen Fällen nicht gethan, wie z. B. bei Ulman Stromer, wo Kern das gleiche Recht hätte in Anspruch nehmen können. Das Ihnen gebührende Verdienst wird daran sicher nicht geringer angeschlagen werden.

Von Ihren Vorarbeiten habe ich nicht gesprochen so wenig als von Kern’s oder den meinigen außer in den Berichten, die ich mündlich in der Commission erstattet habe. Ich denke, dies gehört nicht in die Vorrede und würde die Auseinandersetzung alles dessen, was von den Einzelnen geschehen, sehr weit führen und kaum angemessen erscheinen. Am besten zeigen die Resultate der Edition selbst, auf welchen Vorarbeiten sie beruhen.

Daß Sie den Wahraus gefunden haben, hätte in der Einleitung zu diesem erwähnt werden sollen; ich habe dies selbst übersehen und würde, wenn ich gewußt hätte, daß Sie darauf Gewicht legen, es noch in die Vorrede gethan haben. Es ist mir auch nicht eingefallen, dessen zu gedenken, daß ich selbst die dritte Chronik in Berlin gefunden habe. Es ist natürlich genug, daß man solche findet, wenn man sie sucht.

Frensdorff hätte ohne Zweifel sich auf Sie berufen sollen, wo er eine von Ihnen allein gewonnene Ansicht mittheilt und wird dies bei der ersten passenden Gelegenheit von ihm nachzuholen sein.

Ihren ‚unwillkürlichen Gedanken’, daß man Sie als mit etlichen Geldern für ‚abgelohnt’ betrachte, hätte ich sehr gern unterdrückt gesehen. Sie können doch wohl selbst nicht im Ernst daran glauben und müßten sich sagen, daß eine solche Äußerung auch für mich verletzend sein würde. Und sicher war das doch nicht Ihre Absicht!

In der Angelegenheit des Schmeller’schen Nachlasses habe ich für Sie gethan, was ich konnte – auf Sie aufmerksam zu machen, da man nicht an Sie zu denken schien. Die Sache wurde ganz allein in W.’s4 Hand gelegt; er glaubte aber, daß ein in Bayern lebender Philolog oder ein geborner Bayer der allein geeignete Mann wäre: so wenigstens habe ich ihn verstanden.

Meine Frau erwiedert Ihre Grüße freundlichst und bitte ich mich der Ihrigen zu empfehlen.
Ihr ergebener
Carl Hegel.