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Karl Hegel an Matthias Lexer, Nürnberg, 9. April 1860

Sehr geehrter Herr!

Mit Vergnügen habe ich Ihre bestimmte Zusage2 erhalten, daß Sie bis Mitte Mai oder vielleicht schon früher hier eintreffen wollen, und ich hege die beste Hoffnung, daß Ihre künftige Mitwirkung unserem Unternehmen3 zur wesentlichen Förderung und Ihrer selbst zur Befriedigung gereichen wird: für beides birgt mir die Freudigkeit, womit Sie meiner Berufung entgegengekommen sind, und der Eifer, zur Arbeit, die Sie versprochen. Bei der Durchsicht der Handschriftenkataloge der Kaiserlichen Bibliothek ersuche ich Sie nächst nach den Nürnberger Chroniken auch besonders die Augsburger zu berücksichtigen, welche gleichfalls schon jetzt in Betracht kommen. Sollten sich sonst noch fränkisch-schwäbische oder bayrische Städtechroniken vorfinden, so werden auch diese sehr willkommen sein, und ich bitte ja keine derselben zu übergehen. Einiges davon ist auf dem anliegenden Blatt4 verzeichnet, und wäre, wenn es sich ohne große Weitläufigkeit auffinden ließe, eine kure Angabe des Inhalts und der Zeitzeugen mit wortgetreuer Abschrift der ersten und letzten Zeilen des Textes der hier bemerkten Handschriften sehr wünschenswerth. Die ausführliche Mittheilung über die historischen Handschriften der Wiener Hofbibliothek hat Wattenbach im zehnten Bande des Pertzschen Archivs gegeben: doch findet sich darin auffallend wenig von außerösterreichischen Stadtchroniken. Die Salzburger und Passauer Chroniken berühren uns insofern nicht, als sie bischöfliche Geschichte und Stiftsgeschichte enthalten, die wir von unserer Sammlung ausschließen müssen. Nur wo Stadtgeschichte selbständig hervortritt, wie z. B. bei Regensburg, ist es nothwendig auch die Chroniken aufzunehmen. Sie fragten mich in Ihrem früheren Schreiben, ob Sie Ihren philologischen Apparat hierher mitbringen sollten? Im Allgemeinen scheint mir dies ganz nothwendig zu sein, damit Sie die erforderlichen Hülfsmittel zur Arbeit nicht vermissen; denn wenn ein guter Theil derselben im Germanischen Museum vorhanden sein wird, so würde dasselbe doch nur im beschränkten Maße zu Ihrer ungehinderten Benutzung verfügbar sein. Herr Dr. von Kern freut sich darauf, Sie in kurzer Zeit hier als Mitgenossen bei der gemeinsamen Arbeit zu begrüßen und er wird Ihnen in jeder Weise gefällig sein, sie hier 5.

Hochachtungsvoll und ganz ergebenst

Prof. Hegel