Berlin den 3ten Januar 1844.
Unser lieber Manu ist über Mitternacht aufgeblieben an Dich zu schreiben und die im Schreiben so saumselige Mutter hat Dir seinen Brief über den Neujahrstag, bis heute vorenthalten – Nach seiner Abreise Sontag Mittag wollte ich mich, durch die Unruhe der vorhergehenden Tage ein wenig verconsumirt und bewegt vom Abschied, recht stille halten, um kräftig genug für den Neujahrs Abend Gottesdienst zu seyn. Es hatte sich schon eine halbe Stunde vor dem Anfang, die Kirche gefüllt – ich drang noch bis zur Treppe hindurch, aber eine undurchdringliche Mauer von Menschen versperrte den Weg vor und rückwärts; in dieser Klemme brachte ich stehend 2 – 3 Stunden zu und fühlte da, wie der Geist lebendig macht – die zunächst den Wandleuchtern Stehenden sagten der gedrängten Menge die Worte des Liedes vor – und unter der Kraft Predigt Goßners vergaß ich meine Schwachheit und konnte nachher auch noch zur Vorbereitung bleiben. So absolviert von alten Sünden beschloß ich freudig und mit Lob und Dank, doch ruhebedürftig das alte Jahr. Den andern Morgen gings wieder zur Kirche und nachher löste ein Besuch den andern ab – Lobecks denen ich von Wunderlichs und Schel- |
lings Weihnachten erzählte, an denen sie so herzlich theilnahmen, waren auch bei mir. Ich sollte fühlen, daß ich doch nicht allein stehe wenn ich auch der Nächsten und Liebsten entbehre.
An der lieben
Klitzing – und auch an der hochmächten anderen Belehrung und Wahrheit der Gesinnung ich nicht mehr zweifle, erfahre ich auch alte Liebe und Freude. So gehörte der ganze Neujahrs Nachmittag und der darauf folgende Dinstag wieder theils dem Kranken Haus und der lieben
Sybel und diesen Besuchen und nebenbei auch der Sorge mir ein neues Mädchen, die ich für mein wiederum krankes Hinkebein mir vom Mieths Bureaux verschaffen mußte, an. Ich soll der Krankenpflege nicht entlaufen. Nun ich mir weniger in den Kranken Fällen zu thun mache, schickt mir der liebe Gott eine Kranke nach der Andern ins Haus – diese ist die Dritte die ich zur ungelegensten Zeit wegen Krankheit entlassen und in Schwachheit bis es zum Entlassen kommt, tragen muß.
Indeß ich schreibe erhalte ich einen Brief von Wichern über Egloffstein mit Ein Schluß eines Briefes von einem Dr. G. P. bei dem sich Egloffstein in der Nähe Hamburgs aufgehalten und der ihm das beste Zeugniß gibt – er hätte weder Geld noch Briefe der Mutter erhalten und sey nun den 28sten
| mit einem kleinen Vorschuß nach Görlitz abgereist. Diesen Brief will möchte ich augenblicklich der besorgten Mutter schicken und an sie schreiben –
Wicherns schriftliche Bekantschaft freut mich sehr – Vielleicht führen die großen Projecte unseres für alles Gute erwärmten Großmeisters des Schwanen Ordens hieher – Was mir Flottwell neulich sagte, hängt mit dem was nur vom Schwanen Orden (Gänse Orden heißt ihn Goßner) proclamirt wurde, zusammen. Es könnte für uns eine Schlinge werden uns unter des Königs Großmeisterschaft zu bringen aber wir gehören einem andern Orden an und werden uns unserer Selbstständigkeit nicht begeben – so lang Goßner lebt –
Manu schreibt Dir vielerlei Neuigkeiten – Er hat in dieser kurzen Zeit viel beschickt und in Erfahrung gebracht was ich nicht wußte – der Verkauf von Gosen – die Biographie von Rosenkranz – Sie thun mit uns was sie wollen, wenn man sich nicht seiner Haut wehrt –
Die arme Sybel hat Manuel nicht so wie Du sie kennst, characterisirt – doch hat er nach dem wie sie sich ausgesprochen geurtheilt und nimmt es zu scharf – Ich habe sie doch noch immer herzlich lieb – obgleich ich oft mit ihr im Widerspruch stehe – mit ihrer Empfindlichkeit | Aber wie schwer ist es, frei von sich selbst zu werden! –
Dein lieber Brief war mir noch eine nachträgliche Weihnachtsfreude – Wie lieb hab ich die lieben Freunde Karsten und
Röpers! Grüße sie doch alle recht herzlich von mir – auch Hoffmanns und Wunderlichs –
Du hast das wenige was ich schicken konnte mit der Liebe, in die ich es eingewickelt aufgenommen Du lieber Sohn! Ja Du weißt wie Dich die Mutter liebt – Könnte ich Dir nur ein Herz von Gott erbitten das ganz Dein eigen angehört, Dir eine Frau, mir eine Tochter nach Deinem und meinem Herzen. –
Ich speculire nicht auf die Senf-Pilsachs, aber da Du ihrer erwähnst, da ich bei Göschels zufällig ihren Namen nennen hörte, erfuhr ich daß ihre Mutter eine Jugendfreundin der Göschel ist. Es sollte dieser und ihren Geschwistern in ihrer Jugend nichts vom lieben Gott gesagt werden der Vater hette sich, wenn sie erwachsen, vorbehalten ihnen das große Geheimniß daß ein Gott sey zu eroffnen – aber sie seyen doch dahinter gekommen, hätten den Gärtner gefragt wer denn das alles hat wachsen lassen und wenn der Hofmeister auf ein religioses Thema gekommen sich unter dem Tisch mit den Füßen gestoßen – wie wenn sie den Namen eines Geliebten der nicht genannt werden soll, wohl wüßten. Diese Strenge führte sie gerade dahin daß sie um so inniger nach Christo verlangten, nun sey sie an einen sehr frommen trefflichen Mann vermählt – So sprachen mit …
[Gans hat die andere Vorlesung gehalten – wenn ich mich recht erinnere – man müßte da nachfragen wie es damit gehalten wird – Gans Erben möchte ichs nicht lassen.]
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Berlin52.5170365,13.3888599Hauptstadt des Königreichs Preußen und ab 1871 auch des Deutschen Reiches.
Privatbesitz
.
Privatbesitz
1000
Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel)Immanuel HegelJurist/Konsistorialpräsident der Provinz Brandenburg11657072518141891 Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel) (1814–1891), Bruder Karl Hegels, studierte von 1832 bis 1834 und von 1835 bis 1836 Jura an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, von 1834 bis 1835 an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München, trat 1836 in den preußischen Staatsdienst ein und war als Verwaltungsjurist in verschiedenen Verwendungen des Königreichs Preußen, vor allem im Staatsministerium, tätig, wurde 1865 Präsident des Konsistoriums der Provinz Brandenburg, heiratete 1845 Friederike Flottwell (1822–1861) und 1865 Clara Flottwell (1825–1912), beide Töchter des oftmaligen preußischen Oberpräsidenten und Staatsmanns Eduard Heinrich Flottwell (1786–1865), war u. a. Vater des preußischen Verwaltungsbeamten und Politikers Wilhelm (Willi) Hegel (1849–1925), war 1856 Taufpate seines Neffen Georg Hegel (1856–1933).
Goßner, Johannes Evangelista11854089017731858Goßner, Johannes Evangelista (1773–1858), in Schwaben geborener Theologe, der als katholischer Priester zur evangelischen Lehre konvertierte und Pfarrer wurde. Von 1829 bis 1846 war er Prediger an der Berliner Bethlehemskirche und wandte sich im ganzheitlichen Sinne der Mission zu. Die Goßnersche Missionsgesellschaft (Berliner Missionswerk) und das Berliner Elisabeth-Kinder-Hospital (Elisabeth-Krankenhaus) wurden von ihm u. a. gegründet.
Lobeck, Christian August11878021217811860Lobeck, Christian August (1781–1860), in Naumburg an der Saale geborener Klassischer Philologe und evangelisch-lutherischer Theologe, der sich nach seinem Studium an der Universität Leipzig im Jahre 1802 an der Universität Wittenberg habilitierte und 1814 einen Ruf an die Universität Königsberg annahm.
Wunderlich, Agathon Gottlob Friedrich WalterAgathon Gottlob Friedrich Walter Wunderlich11735444918101878Wunderlich, Agathon Gottlob Friedrich Walter (1810–1878), in Göttingen geborener Sohn des Klassischen Philologen Ernst Karl Friedrich Wunderlich (1783–1816) und Bruder des preußischen Konsistorialpräsidenten Oskar Wunderlich († 1882). Er war von 1842 bis 1847 ordentlicher Professor der Rechtswissenschaften an der Universität Rostock, vorher vier Jahre an der Universität Basel und ab 1847 an der Universität Halle, bevor er 1850 Richter am gemeinschaftlichen Oberappellationsgericht der vier Freien Städte des Deutschen Bundes in Lübeck wurde.
Schelling, Friedrich Wilhelm JosephFriedrich Wilhelm Joseph Schelling11860705717751854 Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph (1775–1854), im württembergischen Leonberg geborener Philosoph, außerordentlicher Professor an der Universität Jena von 1798 bis 1803, ordentlicher Professor an den Universitäten Würzburg von 1803 bis 1806, München von 1827 bis 1841 und Berlin von 1841 bis 1846 als zweiter Nachfolger Georg Wilhelm Friedrich Hegels (1770–1831). Er war Vater Paul Heinrich Joseph Schellings (1813–1889) und Clara Schellings (1818–1857), verh. Waitz.
Wichern, Johann HinrichJohann Hinrich Wichern11863223X18081881Wichern, Johann Hinrich (1808–1881), in Hamburg geborener evangelisch-lutherischer Theologe und Sozialpädagoge, der im Sinne der Erweckungsbewegung tätig war. Nach seinem Theologiestudium von 1828 bis 1832 an den Universitäten Göttingen und Berlin wurde er durch sein vielfältiges pädagogisches und theologisches Wirken u. a. als Gefängnisreformer und in den Bereichen der städtischen Mission zum Begründer der Inneren Mission der evangelischen Kirche in Deutschland. Schon im Jahre 1833 gründete er das „Rauhe Haus“ bei Hamburg für bedürftige Kinder.
Egloffstein, Friedrich Ernst Sigmund-18241885 Egloffstein, Friedrich Ernst Sigmund (1824–1885), Sohn Wilhelms VI. Georg Friedrich Christian Heinrich Egloffstein (1775–1859) und Karoline Egloffsteins, geb. Montperny (1790–1874), Ehemann Irmgard Isidore Kiesenwetters (1829–1903), königlich preußischer Leutnant bis 1847, der 1850 in die USA auswanderte, Landvermesser und Kartograph wurde sowie als Oberst und General am Sezessionskrieg von 1862 bis 1864 teilnahm, dann Regierungsingenieur in New York wurde, Topographiezeichner, Kartenmaler und -stecher war.
Palm, Gustav11602253118071852Palm, Gustav (1807–1852), Dr. phil., Privaterzieher und Schulleiter in Hamburg; von ihm stammt die Schrift: Aus dem Schreiben eines Laien an einen jungen Freund, der Theologie studieren will, Hamburg 1839.
Flottwell, Eduard HeinrichEduard Heinrich Flottwell11663107417861865Flottwell, Eduard Heinrich (1786–1865), preußischer Staatsmann, Minister und oftmaliger Oberpräsident, u. a. von 1841 bis 1844 Oberpräsident der Provinz Sachsen, 1849/50 Oberpräsident der Provinz Preußen, 1850 Oberpräsident der Provinz Brandenburg, Schwiegervater Immanuel Hegels (1814–1891).
Friedrich Wilhelm IV., König von PreußenFriedrich Wilhelm IV., König von Preußen11853599417951861Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861), war von 1840 bis 1858/61 König von Preußen.
Rosenkranz, Johann Karl FriedrichKarl Rosenkranz11860272118051879 Rosenkranz, Johann Karl Friedrich (1805–1879), in Magdeburg geborener Philosoph und Sohn des Steuerbeamten Johann Heinrich Rosenkranz (1757–1830) und seiner Ehefrau Marie-Katharine Rosenkranz, geb. Gruson (1770–1824). Er war von 1831 bis 1833 außerordentlicher Professor an der Universität Halle, von 1833 bis 1874 ordentliche Professor an der Universität Königsberg und Verfasser der ersten Biographie Georg Wilhelm Friedrich Hegels (1770–1831).
Karsten, Theodora, geb. Berg
-18171863 Karsten, Theodora, geb. Berg (1817–1863), Ehefrau des Rostocker Mineralogen und Physikers Hermann Karsten (1809–1877).
Karsten, HermannHermann Karsten11618688718091877Karsten, Hermann (1809–1877), in Breslau geborener Mathematiker, Physiker und Mineraloge, der von 1826 bis 1829 an den Universitäten Bonn, Berlin und Königsberg Rechtswissenschaften, Mathematik und Naturwissenschaften studierte, 1829 promoviert wurde und sich 1830 an der Universität Rostock habilitierte. 1831 wurde er außerordentlicher Professor, war von 1836 bis 1877 Ordinarius für Mineralogie, Physik und Mathematik an der Universität Rostock und war deren oftmaliger Rektor. Er war der Bruder von Emilie Beseler (1816–1900), geb. Karsten, der Ehefrau Georg Beselers (1809–1888) und somit dessen Schwager. Hermann Karsten war verheiratet mit der Pastorentochter Theodore Berg (1817–1867) aus Wustrow an der Ostsee gelegen, mit der er mehrere Kinder hatte.
Röper (Roeper), Johannes August ChristianJohannes Roeper11658384318011885Röper (Roeper), Johannes August Christian (1801–1885), in Doberan geborener Mediziner und Botaniker, der von 1816 bis 1823 an den Universitäten Rostock, Berlin und Göttingen studierte und im Jahre 1823 in Göttingen promoviert wurde. 1826 wurde er außerordentlicher Professor an der Universität Basel und war dort von 1829 bis 1836 Ordinarius. Anschließend war er bis 1885 ordentlicher Professor der Naturgeschichte und Botanik an der Universität Rostock sowie Direktor des Botanischen Gartens, dazu viermal Rektor und von 1846 bis 1880 Direktor der Universitätsbibliothek.
Hofmann, Charlotte, geb. Lameyer
Charlotte Hofmann, geb. Lameyer-1883Hofmann, Charlotte, geb. Lameyer († 1883), Ehefrau Johannes Christian Konrad Hofmanns (1810–1877), des ordentlichen Professors der evangelischen Theologie an den Universitäten Rostock und Erlangen.
Hofmann, Johannes Christian KonradJohannes Hofmann11870611X18101877Hofmann, Johannes Christian Konrad (1810–1877), in Nürnberg geborener evangelischer Theologe und Gymnasiallehrer, 1841/42 außerordentlicher Professor der Theologie an der Universität Erlangen, ordentlicher Professor an den Universitäten Rostock (1842–1845) und Erlangen (1845–1877).
Göschel, Karl Friedrich11889232017841861Göschel, Karl Friedrich (1784–1861), Bruder Johann Karl Göschels (1786- nach 1850), preußischer Kirchenjurist sowie philosophischer und theologischer Schriftsteller, Präsident des Konsistoriums der Kirchenprovinz Sachsen in Magdeburg.
Gans, EduardEduard Gans11868947917971839Gans, Eduard (1797–1839), Jurist und Rechtsphilosoph, wurde 1826 außerordentlicher, 1828 ordentlicher Professor der Rechtswissenschaft an der Universität Berlin.
Hamburg53.550341,10.000654Alte Hanse- und Hafenstadt an der Elbe, etwa 100 Kilometer vor deren Mündung in die Nordsee.
Görlitz51.1563185,14.991018Etwa 200 Kilometer südöstlich von Berlin an der Neiße in der Oberlausitz gelegene Stadt.
Gosen52.3934582,13.7127319Etwa 25 Kilometer südöstlich von Berlin und etwa 15 Kilometer nordöstlich von Königs Wusterhausen gelegenes Dorf, dessen Name auf den Ort Goschen im Alten Testament zurückgeht.
SchwanenordenDer im Jahre 1440 vom brandenburgischen Kurfürsten Friedrich II. (1413-1471) in der Stadt Brandenburg an der Havel gestiftete Schwanenorden sollte unter Führung der Hohenzollern den Adel zur Verfolgung politischer und sozialer Ziele verbinden. Nachdem der Orden seit der Reformationszeit mehr und mehr verfiel, regte der preußische König Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) im Jahre 1843 seine – gescheiterte – Neubelebung an, für Männer und Frauen zugänglich, standes- und konfessionsübergreifend, um die in Berlin herrschende Not zu bekämpfen. Auf die Ordensverleihung an seine Gemahlin Elisabeth Ludovika (1801-1873) am 24. Dezember 1843 folgten keine weiteren Aktivitäten.