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Karl Hegel an Georg Waitz, Erlangen, 18. Januar 1863

Verehrter Freund!

Sie haben mir durch Ihren freundlich eingehenden Brief vom 11 dieses Monats1 eine ganz besondere Freude bereitet.

Zuerst wünsche ich Ihnen alles Glück zu dem tapferen Entschluß die Bearbeitung eines Theils der deutschen Jahrbücher selbst zu übernehmen. Dadurch wird dieses bedeutende Werk ganz wesentlich gefördert werden, denn auch Andere werden durch Ihr Beispiel angefeuert werden sich in an ihm zu beteiligen; so wie Ihnen selbst vermuthlich die Beschäftigung mit der Arbeit von Hirsch erst wieder Lust dazu gemacht hat. Daß Dr. Vischer meine Ausgabe des Ulman Stromer sofort für die Geschichte des Städtekriegs2 verwerthet, kann mir auch nur lieb sein, weil unsere Edition der Städtechroniken auf keine Weise besser empfohlen werden könnte. Im zweiten Bande3 wird der schon von Baader herausgegebene Markgrafenkrieg von Schürstab den meisten Raum einnehmen, ich hoffe aber das die zweite Edition desselben nicht überflüssig erscheinen wird, denn die Bearbeitung hat noch sehr viel zu thun gefunden um so mehr als auch das, was Dr. Weech dafür gethan hat, sehr ungenügend war. Kern ist jetzt wieder darüber.

Sehr verpflichtet bin ich Ihnen für die Empfehlung des Dr. Usinger. Niemand hätte mir angenehmer sein können als er; ich habe zu ihm das allerbeste Vertrauen, daß er genau und gewissenhaft arbeiten werde, was bei Arbeiten wie die unsrigen, die so schwer zu controliren sind, die Hauptsache ist. Ich habe ihm selbst im Beiliegenden4 geschrieben und ihm diejenige Remuneration empfohlen, die ich ebenso wie Sie für billig erachte, welche auch Kern und Lexer erhalten, und außerdem das Reisegeld für die Hinreise von Göttingen bis hier und bis Augsburg, nämlich die Fahrkarten. Nach dem was Sie geschrieben, rechne ich auf seine Zusage.

Von Dr. Cohn erhielt ich gleichzeitig mit dem Ihrigen ebenfalls einen Brief5, worin er sein Bedauern ausspricht und sich für Künftig empfiehlt; ich denke es wird sich auch für ihn später noch Arbeit finden, eine Verpflichtung kann ich aber um so weniger übernehmen, da ich nicht einmal weiß, wie weit die Geldmittel im nächsten Jahr reichen werden.

Die Berufung von Thomas scheint nicht zum Ziel geführt zu haben; er hat mir in solchem Sinne geschrieben, aber sich nicht so ganz klar darüber ausgedrückt, daß ich die Sache für abgethan ansehen könnte.6 Er war nämlich schon seit längerer Zeit auch für München an Thiersch’ Stelle für alte Literatur vorgeschlagen und diese Stelle hat er eigentlich gewollt, dort hat ihn aber das Ministerium7 nicht gewollt und hat ihm dahin die Erlanger Professur angeboten. Aus seinem Schreiben geht hervor, daß er sehr unglücklich ist und sich aufs neue für mißhandelt ansieht. Für mich entsteht die neue Verlegenheit einen Ersatzmann für hier und zwar hauptsächlich für alte Geschichte vorzuschlagen; man hätte gerne einen jüngeren Docenten als außerordentlichen Professor, aber wo findet sich einer? Sie haben Recht, man wird sich auf den Gymnasien umsehen müssen. Überhaupt ist die Aussicht nicht sehr labend für die wenigen Philologen, die hier studiren – es sind in diesem Semester 24 – und von denen auch nicht alle hören werden, die alte Geschichte vorzutragen. Aber die Professur ist einmal da und soll besetzt werden. Rudolf Raumer liest seit 20 Jahren immer nur ein und dasselbe Colleg, alle Winter (das Fuchsensemester für die bayerischen Studenten, die nur im Herbst von den Gymnasien abgehen) über neueste Geschichte.

Ihre Grüße an Schelling habe ich bestellt und Dr. Petersen hat die Ihrigen ausgerichtet. Den Namen, den Sie zuletzt erwähnten, nach dessen Träger Sie sich erkundigen – Sie sagen er sei für Göttingen stumm geworden – habe ich leider nicht entziffern können, muß also die Auskunft schuldig bleiben.

Meine Frau dankt freundlichst für Ihren Gruß.

An Dr. Cohn schreibe ich ein ander Mal.

Freundschaftlichst
Ihr
Carl Hegel.