In der französischen Zeitschrift Romania, Juliheft, welches aber erst im October erschienen und auf dem langsamen buchhändlerischen Wege noch nicht hier in Erlangen angekommen ist, gibt P. Meyer vorläufige Nachricht von einer Dino-Handschrift aus dem 15. Jahrhundert in der Bibliothek Ashburnham und verspricht die nähere Beschreibung derselben im nächsten Heft. P. Meyer ist bekanntlich Professor am Collège de France und lehrt Paläographie an der École deschartes. Er schreibt mir so eben auf meine Anfrage, daß er selbst die Handschrift in Ashburnham place genau untersucht habe, nachdem er die in der Magliabecchiana erst drei Wochen vorher gesehen, und daß die erste um wenigstens 50 Jahr älter sei als die letztere und, so wie er sie verglichen, nur geringe Abweichungen von dem gewöhnlichen Text im Druck der Stereotypausgabe…1 darbiete. |Übrigens habe er diese ältere Handschrift nicht selbst erst entdeckt, sondern durch Isidoro del Lungo von deren Existenz Kenntniß erhalten, auf dessen Veranlassung er sie untersucht habe.
Fanfani und andere, zuletzt auch noch unser RomanistBöhmer meinten die Fälschung der Chronik am Sichersten schon durch die Sprache und den Vergleich bewiesen zu haben, worin Ausdrücke und Wendungen ankamen, die nicht früher als Mitte des XVI Jahrhunderts gebraucht worden seien. Alle ihre trefflichen Argumente sind nun auf klägliche Weise zu Boden gefallen.
Die wichtige Notiz der Romania verdient gewiß auch unter die Nachrichten des Neuen Archivs im nächsten Heft aufgenommen zu werden. Darum theile ich Ihnen mit, wiewohl ich annehmen darf, daß Sie selbst sie schon gefunden haben.
Der Druck des XV. Bandes der Städtechroniken kommt jetzt eben zum Abschluß, so daß die Ausgabe des Bandes Anfang December zu erwarten ist.2| Sie sagten in München von einer Abhandlung eines Schweizers, worin der Beweis geführt sei, daß, ich weiß nicht, welche Ministerialen im Range selbst über den Rittern gestanden seien. Dies paßt mir vortrefflich zu der von mit in der CölnischenStadtverfassung ausgeführten Ansicht über die englischen Ministerialen, welche unzweifelhaft einen höheren Rang und Stand über den häufig vorkommenden Ritterbürgern z. B. in der Corporation der Gewandschneider, einnahmen. Ich habe aber den Namen des Autors überhört und bitte Sie um Angabe desselben, wie des Titels der Abhandlung.
Von der schweren Erkrankung unseres verehrten und geliebten AltmeistersRanke haben die Zeitungen berichtet. Welcher schmerzliche Verlust steht uns bevor! Ich bitte Sie mir mitzutheilen, was Sie über sein gegenwärtiges Befinden wissen.
Waitz, GeorgGeorg Waitz
HiKo
11905914218131886Waitz, Georg (1813–1886), in Flensburg geborener Historiker, der nach einem breiten geisteswissenschaftlichen, juristischen und theologischen Studium an den Universitäten Kiel und Berlin 1836 promoviert wurde. Nach seiner Tätigkeit bei den Monumenta Germaniae Historica wurde er 1842 ordentlicher Professor der Geschichtswissenschaft an der Universität Kiel, wechselte 1848 als Ordinarius an die Universität Göttingen und wurde 1858 Gründungsmitglied der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München. Als er 1875 Präsident der Monumenta Germaniae Historica in Berlin wurde, ging er gleichzeitig an die Universität Berlin. Er war in erster Ehe mit Clara Schelling (1818–1857), einer Tochter des Philosophen Friedrich Wilhelm Schelling (1775–1854), verheiratet, in zweiter Ehe mit Helene Franziska Friederike Hartmann (1831–1915), einer Tochter des Generals Georg Julius Hartmann (1774–1856).
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
Bundesarchiv Berlin: Nachlaß Waitz, N 2321
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BA Berlin1000
Die Chroniken der deutschen Städte
vom 14. bis in’s 16. Jahrhundert, hg. durch die Historische Commission bei der Königl. Academie der Wissenschaften von Karl
Hegel
, Bd. 15, Die Chroniken der baierischen Städte. Regensburg, Landshut, Mühldorf, München, bearb. von Edmund Frhr. von
Oefele
, Karl Theodor
Heigel
und Karl
Muffat
, Leipzig 1878. (https://dlibra.bibliotekaelblaska.pl/dlibra/publication/59562/edition/54941 )
Chroniken der deutschen Städte
, Bd. 15, Regensburg, Landshut, Mühldorf, München
1878
Meyer, Paul11756897X18401917Meyer, Paul (1840–1917), war ein französischer Philologe, Romanist, Provenzalist und Mediävist, der sich - wie auch Karl Hegel (1813–1901) mit der „Chronik des Dino Compagni“ beschäftigte und für deren Echtheit plädierte.
Dino CompagniDino Compagni118911090um 1246/12471324Dino Compagni (um 1246/47–1324), der in Florenz geboren wurde und dort auch verstarb, war Chronist, Kaufmann und Politiker; um die Echtheit seiner Chronik entbrannte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein fachwissenschaftlicher Streit, an welchem auch Karl Hegel (1813–1901) federführend beteiligt war und mit seiner Ansicht bezüglich der Echtheit dieser Chronik Recht behalten sollte.
DelLungo, Isidoro11606442018411927DelLungo, Isidoro (1841–1927), war ein italienischer Historiker und Philologe, der die Echtheit der Chronik des Dino Compagni belegen konnte und damit auch den Standpunkt Karl Hegels (1813–1901) innerhalb der Dino-Frage bzw. des Dino-Streits bestätigte.
Fanfani, PietroPietro Fanfani11640768918151879Fanfani, Pietro (1815–1879), war ein italienischer Philologe und Schriftsteller.
Böhmer, Carl Eduard11622125918271906Böhmer, Carl Eduard (1827–1906), war Romanist und Theologe; er studierte an den Universitäten in Halle und Berlin Theologie und Philologie und seine Habilitation erfolgte 1854 in Halle (Theologie), wo er 1866 Extraordinarius und 1868 Ordinarius für romanische Philologie wurde. 1872 folgte er einem Ruf an die neugegründete Universität in Straßburg. Nach seiner Emeritierung 1879 lebte er in Wien.
Ranke, LeopoldLeopold Ranke
HiKo
11859827917951886Ranke, Leopold (1795–1886), in Wiehe geborener deutscher Historiker, der von 1818 bis 1824 Gymnasiallehrer in Frankfurt an der Oder war. Im Jahre 1824 wurde er außerordentlicher Professor, 1834 ordentlicher Professor für Geschichte an der Berliner Universität. Von 1858 an war er erster Präsident der von ihm initiierten Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
München48.1371079,11.5753822Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Bayern an der Isar in Oberbayern.
Französisch, französischZu Frankreich gehörend, Frankreich zuzuordnen, auf Frankreich bezogen; Französisch als Unterrichtsfach an Schulen bzw. universitäre Disziplin.
Romania „Romania“ ist eine noch heute bestehende, internationale, halbjährlich erscheinende wissenschaftliche französische Zeitschrift, die sich dem Studium der Philologie, der Sprachen und der Literatur des Mittelalters in den romanischen Sprachen widmet; sie wurde 1872 von den Philologen Paul Meyer und Gaston Paris (1839-1903) gegründet. Kerninhalte dieser Zeitschrift sind Originalstudien zur Literatur- und Kulturgeschichte, zur Textkritik und zur paläographischen Arbeit mit Handschriften, insbesondere im französischen Bereich. Überdies bietet die Zeitschrift Textausgaben, Rezensionen und Diskussionen zu mittelalterlichen Werken in ihren Forschungsgebieten.
Dino-Chronik, Chronik des Dino Compagni, Dino-HandschriftDer Florentiner Kaufmann, Politiker und Chronist Dino Compagni (um 1246/47-1324) verfasste zwischen 1310 und 1312/1313 eine Chronik der Stadt Florenz in drei Büchern („Cronica delle cose occorrenti ne’ tempi suoi“), in der die Kämpfe zwischen weißen und schwarzen Guelfen eine zentrale Rolle spielen. Dino beschränkte sich auf den Zeitraum zwischen den 1280er Jahren bis 1312. Literarisch ist das Werk ansprechend geschrieben und liefert überdies wertvolle Informationen für die entsprechende Phase der florentinischen Geschichte. In der italienischen, aber auch in der deutschen Geschichtswissenschaft des 19. Jahrhunderts wurde der sogenannte „Dinostreit“ bzw. die sogenannte „Dinofrage“ um die Echtheit dieser Chronik geführt bzw. gestellt. So vertrat Paul Scheffer-Boichorst (1843-1902) die Fälschungsthese, wohingegen der Erlanger Historiker und sehr gute Kenner der italienischen Stadtverfassungsgeschichte Karl Hegel (1813-1901) für ihre Echtheit plädierte. Die Echtheit der Schrift wurde in der Folgezeit vornehmlich durch die Forschungen von Isidoro Del Lungo (1841-1927) bestätigt.
Professor, ProfeßorBerufs- oder Amtsbezeichnung und Anrede für den Inhaber einer Professur an einer Universität oder Hochschule, wobei nicht jeder Professor eine Professur bekleidet; früher auch Bezeichnung für einen Gymnasiallehrer (Gymnasial-Professor) bzw. Lehrer an einer Lateinschule.
Collège de FranceBis auf das 16. Jahrhundert zurückgehende, noch heute bestehende französische Universität in Paris, welche im Laufe ihrer Geschichte je nach Herrschaft ihren Namen wechselte.
PaläographieLehre von Handschriften vornehmlich von ihrer Entwicklung und den entsprechenden Schriftformen, womit diese Disziplin auch als Hilfswissenschaft der Geschichtswissenschaft fungiert sowie ein Teilgebiet der Papyrologie darstellt. Das Fachgebiet der Paläographie erstreckt sich von der Geschichte der Schrift im römischen Altertum über das abendländische Mittelalter bis hin in die Neuzeit. Bezüglich ihrer Methodik gibt es enge Verbindungen zu den Disziplinen der Archivkunde, Epigraphik, Kodikologie (Buchkunde) und Typographie.
École deschartes, École des chartesDie heutige „École nationale des chartes“, aus dem Französischen, „Nationale Hochschule für Urkundenforschung“, ist eine Elitehochschule in Frankreich, einer typisch französischen Einrichtung der „grandes écoles“; sie ist Ausbildungsstätte für die historischen Hilfswissenschaften und damit auch für angehende Archivare, Konservatoren und Bibliothekare des höheren Dienstes. Sie wurzelt in der 1821 gegründeten „École des Chartes“, welche bald darauf wieder schloss und 1829 neu eingerichtet wurde; nach mehren Ortswechseln innerhalb von Paris befindet sie sich heute in den Räumlichkeiten der Sorbonne.
Ashburnham placeAshburnham Place ist ein englisches Landhaus, das heute als christliches Konferenz- und Gebetszentrum genutzt wird, fünf Meilen westlich von Battle, East Sussex. Zu seiner Blütezeit war es eines der schönsten Häuser im Südosten Englands; 1959 wurde ein Großteil des Gebäudes abgerissen und nur noch ein verkleinerter Teil davon blieb erhalten. Die Familie Ashburnham ist in dem gleichnamigen Dorf seit dem 12. Jahrhundert nachweisbar, ein erstes Haus entstand auf dem dortigen Platz in etwa im 15. Jahrhundert und es wurde im Laufe seiner wechselvollen Geschichte neu- bzw. umgebaut. „Ashburnham place“ verfügte über eine umfangreiche Bibliothek mit zahlreichen überaus wertvollen Manuskripten, welche im ausgehenden 19. Jahrhundert aufgrund finanzieller Schwierigkeiten der Familie stückweise verkauft werden musste.
Magliabec(c)hianaDie „Biblioteca Magliabechiana“, die auf den Gelehrten und Bibliothekar Antonio Magliabechi (1633–1714) zurückgeht, der eine Sammlung von 25.000 Bänden von literarischen, historischen, religiösen und naturwissenschaftlichen Schriften im Jahr 1714 der Stadt Florenz testamentarisch vermacht hatte und die unter seinem Namen als Bibliothek der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde; sie wurde in ihrer weiteren Entwicklung zur „Biblioteca Nationale Centrale“; vgl. hierzu hier auch: Bibliothek (Florenz).
Druck, Drucke„Druck“ als Abkürzung oder Synonym für Drucklegung gebraucht, darüber hinaus auch für ein fertiges Druckerzeugnis (z. B. Kunstdruck, gedruckte Edition einer handschriftlichen Quelle etc.) stehend, somit auch im Sinne von „alte Drucke“.
StereotypausgabeVerfahren im Buchdruck, bei welchem aus beweglichen Lettern gesetzte Druckseiten durch Abformen über eine Matrize und deren Abguss in eine Metalllegierung eine ganze Buchdruckplatte erstellt wird.
RomanistWissenschaftler auf dem Gebiet der romanischen Sprachen (Französisch, Italienisch, Spanisch etc.) wirkend; auch Rechtsgelehrter, der sich speziell mit dem römischen Recht beschäftigt.
Neues ArchivAls Zeitschrift der MGH, unter dem vollen Titel „Neues Archiv der Gesellschaft für Ältere Deutsche Geschichtskunde zur Beförderung einer Gesamtausgabe der Quellenschriften deutscher Geschichten des Mittelalters“ erschienen zwischen 1876 und 1935.
Stadtchroniken, Städtechroniken, auch: ChronikenIm Rahmen von Stadtgeschichtsschreibung und -forschung geschriebene, teilweise auch edierte Chroniken von Städten. Karl Hegel (1813-1901) gab im Rahmen seiner Leitung des umfangreichen wissenschaftlichen Editionsunternehmens für die Münchener Historische Kommission „Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“ – angefangen mit seiner Geburtsstadt Nürnberg – solche Städtechroniken heraus.
Chronik(en), Chroniken der deutschen Städte (Städtechroniken), chronikalische DenkmälerEdition „Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“, von 1862 bis 1899 hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften durch Karl Hegel (1813-1901); auch allgemein: auf die Antike zurückgehende geschichtliche Darstellung, in der die Ereignisse in zeitlich genauer Reihenfolge, dabei aber, im Gegensatz zu den formal strengeren Annalen, in größeren Zeitabschnitten aufgezeichnet werden, auch im Sinne von: Lebensläufen.
SchweizerZur Schweiz gehörend, ihr zuzuordnen, sie beinhaltend; Einwohner der Schweiz.
MinisterialenDienstmannen im mittelalterlichen Reich im Dienst weltlicher oder geistlicher Herrscher innerhalb von Hofämtern, der Verwaltung und bezüglich Kriegsdienst, ursprünglich unfrei, im Lauf des Mittelalters Beseitigung der Reste der Unfreiheit und teilweises Zusammenwachsen mit schwachen Schichten des Hochadels hin zum neuen Stand des niederen Adels.
Cölner, Kölner, Cölnisch, KölnischZur Stadt Köln gehörend, auf Köln bezogen, Köln zuzuordnen.
Stadtverfassung, StädteverfassungRechtskräftige Verfassung einer Stadt bzw. mehrerer Städte (Rechtswesen) insbesondere auch als Forschungsgegenstand Karl Hegels (1813-1901).
Englisch/englischZu England gehörend, England zuzuordnen, auf England bezogen; englischsprachig; Englisch als Sprache bzw. schulisches oder universitäres Fach.
RitterbürgerBürger mit Ritterwürde innerhalb einer Stadt, speziell für Köln nachgewiesen.
CorporationKorporation, Körperschaft.
GewandschneiderKaufleute, auch Wandschneider genannt, im Mittelalter, die vornehmlich in Form des Fernhandels mit Tuchen (Gewebe zumeist aus Wolle) auf Ballen, von denen die Stoffe abgeschnitten wurden, handelten; aus diesen Stoffen konnten dann Kleider etc. gefertigt werden.
AltmeisterIn der Wissenschaftswelt gebrauchter Begriff für einen der bedeutendsten Vertreter eines Fachgebiets, der als Vorbild dient.
Mehrere Registerverweise
Zitierempfehlung
Die wissenschaftliche Korrespondenz des Historikers Karl Hegel (1813-1901), bearbeitet von Helmut Neuhaus und Marion Kreis