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Karl Hegel an Heinrich Sybel, Erlangen, 24. Oktober 1861

Verehrtester Freund!

Herr Dr. Lexer mein philologischer Mitarbeiter bei den Städtechroniken reist auf einige Tage nach Bonn, um dort den jungen Grafen Hunyadi1, dessen Erzieher er früher war, auf die Universität zu bringen. Da er, um sich bei Ihnen einzuführen, einige Zeilen von mir wünschte – wie wohl dies für ihn nicht nöthig gewesen wäre – so habe ich gern seinen Wunsch erfüllt, der mir zugleich Gelegenheit gibt Sie und Ihre Frau Gemahlin zu grüßen und Ihnen zu sagen, wie sehr ich mit der ganzen historischen Commission bedauert habe, Sie nicht in deren Mitte und in München zu finden2, wo Sie uns Ihr gastliches Haus zu öffnen pflegten. Begreiflich freilich mußte man es finden, daß Sie gerade dies Mal, das erste Mal nach Ihrem Weggang, nicht wieder dort erscheinen wollten, wo so manche persönliche Begegnung und am meisten eine solche mit dem König3 Ihnen widerwärtig oder peinlich sein müßte.4 Aber auch bei der Geschäftsführung haben wir Sie bisweilen schmerzlich vermißt, da Weizsäcker doch nicht überall orientirt genug war und es sich überhaupt manch mal als unpassend erwies, daß der Schriftführer der Commission nicht zugleich ihr Mitglied war.5 Große Schwierigkeit machte deshalb auch die provisorische Fortführung des Secretariats, wobei sich die aufgereizte Empfindlichkeit der Münchener ganz besonders bloßgab, und man half sich schließlich durch ein Compromiß, welches die Münchner zufriedenstellte und doch die Geschäfte wesentlich in Weizsäckers Hand ließ, bis die neue Wahl eines Secretärs stattfinden kann. Daß Giesebrecht dieser künftige Secretär sein wird, entschied sich erst am letzten Tage unseres Zusammenseins. Allein und nur die Gunstbeweise und das dringende mündliche Ersuchen des Königs haben ihn gewonnen und umgestimmt, nachdem er noch Tages zuvor gegen den Minister6 abgelehnt hatte. Die Zusicherung, die Sie vergebens vom König verlangten, hat Giesebrecht erhalten. Dieser ist wirklich der Mann, wie ich glaube und viele mit mir, der in die dortigen Verhältnisse am Besten paßt; er ist mir persönlich lieb und ich freue mich sehr, daß er den Ruf angenommen hat, weil es sonst ganz anders hätte kommen können.

Was Dr. Lexer betrifft, so brauche ich ihn nicht weiter zu empfehlen, da er Ihnen ohnehin schon als ein gründlicher Gelehrter und solider Arbeiter, so wie Attaché unserer Commission bekannt ist. – Es wird mir lieb sein von Ihnen durch ihn zu hören und zu erfahren, daß es Ihnen und den Ihrigen, wie ich nicht zweifle, in Ihrer eigentlichen Heimat recht wohl gefällt. Ich bitte mich Ihrer Frau Gemahlin bestens zu empfehlen.

Freundschaftlichst
der Ihrige
Hegel.