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Karl Hegel an Heinrich Sybel, Erlangen, 22. Februar 1860

Verehrter Freund!

Ich übersende Ihnen die Quittungen, in der Form ausgestellt, wie Sie es mit dem Kassier verabredet haben, weil Sie dieselben doch wohl erst signiren müssen, und werde auch die künftigen Quittungen sogleich in derselben Form, wenn sie es so für das Beste halten, ausstellen, und über die Verwendung an Sie als Secretär der Commission berichten, um damit bei der Commission Rechnung abzulegen.

Es war mir lieb, daß ich Ihnen schon unmittelbar vorher davon geschrieben, daß ich einen deutschen Philologen nöthig hätte, ehe ich Ihre Mittheilung in Betreff des jungen Dr. Pertz erhielt, um so unbefangener konnte ich nun diese dargebotene Hülfe ablehnen, von der ich übrigens gar nicht einmal weiß, ob sie besonders wünschenswerth gewesen wäre. Ich habe die Ablehnung bei dem alten Pertz dadurch zu verstehen gegeben, daß ich ihm gleichfalls anzeigte, welche Hülfe ich jetzt am meisten brauche; er hat mir bis heute nicht geantwortet, und ungeachtet mehrfacher Mahnung das im vergangenen Herbst versprochene Verzeichniß der in Berlin vorhandenen Nürnberger Chroniken, das sein Sohn anfertigen sollte, nicht geschickt.

Meine Erkundigungen nach einem deutschen Philologen bei Jacob Grimm1 und Wilhelm Wackernagel2 sind ohne Erfolg gewesen. Nur Waitz hat mir einen Götzinger aus Schaffhausen genannt, der vielleicht – weitere Nachfrage vorbehalten – zu haben und zu brauchen ist. Über Coh[e]n schrieb er mir, daß er sehr kränklich sei. Jacob Grimm hat mich wegen fernerer Erkundigung an Professor Conrad Hofmann in München verwiesen: wenn es Ihnen nicht lästig ist möchte ich Sie bitten mit diesem Ihrem Collegen Rücksprache zu nehmen, ob er vielleicht Jemand zu empfehlen weiß? –

Die Masse der Nürnberger Chroniken in Nürnberg und außerhalb ist so groß, daß wir sie noch gar nicht übersehen können. Kern ist zu peinlich gewissenhaft, um rasch voran zu kommen, ich höre nicht auf ihn zu treiben, aber es hilft wenig: mit dem was er zu Stande bringt, bin ich ganz zufrieden. Nothwendig müssen wir im Frühjahr wieder reisen, um Handschriften aufzusuchen, da gerade einige der besseren Chroniken des 15  Jahrhunderts nur in sehr mangelhaften Handschriften bisher in Nürnberg aufgefunden werden konnten; ich führe eine weitläufige Correspondenz mit auswärtigen Bibliotheken und habe mir schon manche Handschrift kommen lassen, aber das genügt doch nicht, da man nur nach dem fragen kann, wovon man schon Kenntniß hat, und nicht weiß, was sonst noch da ist.

Unter diesen Umständen kann ich noch nicht daran denken mit dem Druck zu Ostern3 zu beginnen. Wegen des Verlags haben Sie wohl noch nicht mit Oldenburg-Cotta gesprochen? Es wäre mir ebenso lieb. Ich gestehe, daß ich kein besonderes Vertrauen zu Cotta habe, der bei großen Unternehmungen gern im Kleinen knickern soll. Auch kommt mir viel auf die Nähe des Druckorts an und lieber wäre mir daher Leipzig als Stuttgart. Was meinen Sie zu Hirzel in Leipzig? -

Meine Empfehlung an Ihre Frau Gemalin

freundschaftlichst
der Ihrige
Hegel.