Zum neuen Jahr Glück und Heil!
Auf alte Wunden frische Salbe!
Auf groben Klotz ein grober Keil!
Auf einen Schelmen anderthalbe!
Laß mich Dich mit diesem Götheschen Kernspruch im neuen Jahr begrüßen, liebster Freund; die zarteren Wünsche sind damit ja nicht ausgeschloßen. Namentlich wünsche ich Dir alle Freude im Beruf, und ein wirksames Streben; kommt dann noch die gewöhnliche Ausrüstung eines glücklichen Lebens hinzu, so wird es Dir ja wohl so ergehen, wie man es in unserem Breitengrade nur verlangen kann. – Ich habe das Neujahr ruhig und heiter begangen, und Alles hat das Ansehen, als wenn es auch ferner so verlaufen will. Meine liebste Emilie ist wohl und frisch, und sieht, wenn auch nicht ohne Bangen, doch mit fester, weiblicher Ergebung der schweren Stunde entgegen. Schlägt mir auch dieses zur Freude aus, so weiß ich im engen Kreise meiner Familie kaum etwas zu wünschen. Ich habe in der Ehe ein beneidenswerthes Loos gezogen. Gott erhalte mir diesen Segen.
Auch sonst geht es mir gut. Meine Wirksamkeit an der Universität vermehrt sich; im Spruchcollegium arbeite ich fleißig und mit Intereße, und bin auch hier zufrieden, daß man mich im Kampfe gegen unnütze Anforderungen | der Regierung, Du wirst davon gelesen haben, tapfer unterstützt. An den Erbverträgen wird gedruckt, und Ostern werden Sie fertig seyn. Ich laße mir übrigens Zeit bey der Ausarbeitung, da ich etwas recht Vorzügliches leisten möchte, etwa Abgerundetes und Ganzes, um für weitere Bestrebungen eine feste Basis zu gewinnen. Auch müßen sie mich mit der Zeit von hier wieder fortziehen; denn alt möchte ich in diesem hyperboreischen Lande, in diesem Winkel doch nicht werden.
Gervinus schreibt heiter und froh. Du wirst von seinen neuen Auskünften und Plänen wissen; der Gedanke gefällt mir sehr. Daß er nur bei Vollendung seiner Literärgeschichte die ganze Kraft beisammen hält, und sich nicht von Ungeduld übereilen läßt. Es ist doch ewig Schade, daß sein Buch formal so wenig durchgearbeitet ist. Er sieht den Grund des Mangels, Übereilung bei der Ausarbeitung zum Druck, wohl ein; hoffentlich wird eine zweite Ausgabe ihn in der Stimmung finden, daß er das Ganze mehr als Kunstwerk durchbildet. Bis jetzt kann ich es dafür nicht halten, obgleich ich gestehen muß, daß ich das Maaß, welches ich an ihn anlege, nur von ihm gelernt habe. –
Sind denn Deine Recensionen noch nicht gedruckt? ich habe sie noch nicht zu Gesicht bekommen. Auf die von der Historik bin ich sehr gespannt, und freue mich über die angegebenen Tendenz derselben. – Wann kommst Du denn zu den Florentinischen Sachen? Laß sie nur nicht liegen, und faße sie an, sobald Du Deine Pietätspflichten gegen Deinen Vater erfüllt hast. – Über die Rechtsphilosophie schreibe ich Dir später, wenn ich sie noch einmal durch- | genommen, und mir angeeignet habe. Dann kann ich Dir auch sagen, welche Stellung ich dazu einnehme; für jetzt nur so viel, daß sie mich ungemein gefördert hat, und daß auch diese Entwicklungsperiode, welche durch sie in mir herbeigeführt worden, mir nothwendig war.
Wie stehen denn die Sachen in Berlin? Namentlich auch mit den Jahrbüchern? Schreibe mir den factischen Gehalt der Krise, und was dabei herausgekommen. – Ist Gans Nachfolger schon bestimmt? Doch nicht in der Person des vortrefflichen Maurenbrechers, der bei vielem Talent meo vote der charakterloseste und oberflächlichste unter den deutschen Juristen ist, was viel sagen will. Ich werde mir wohl einmal die Freiheit nehmen, ein Todtengericht über ihn zu halten. Vorläufig muß ich nur mein Buch fertig machen.
Meine Schwiegermutter muß Mitte nächster Woche zu uns, um ihre Tochter zu pflegen. Der kannst Du Grüße und Bestellungen mitgeben. Empfiehl mich Deiner Mutter; Emilie dankt für Deinen Gruß und erwidert ihn. Laß bald von Dir hören.
Beseler, Georg Karl ChristophGeorg Beseler11851019318091888Beseler, Georg (1809–1888), Jurist und preußischer Politiker, war in der Heidelberger Studienzeit neben Georg Gottfried Gervinus (1805–1871) einer der beiden engsten Freunde Karl Hegels (1813–1901). Er wurde ordentlicher Professor der Rechtswissenschaft an den Universitäten Rostock, Greifswald und Berlin.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Rostock54.0886707,12.1400211Hansestadt an der Ostseeküste des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin mit der 1419 gegründeten ältesten Universität im Ostseeraum.
Privatbesitz
.
Privatbesitz
1000
Kreis
, Marion: Karl Hegel. Geschichtswissenschaftliche Bedeutung und wissenschaftsgeschichtlicher Standort (= Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 84), Göttingen, Bristol, CT, USA 2012.
Kreis
, Geschichtswissenschaftliche Bedeutung
2012
Hegel
, Karl: Gervinus, G.G. Grundzüge der Historik. Leipzig 1837, in: Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik 2, Nr. 115 (1839), S. 913-920 (= 1. Teil), Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik 2, Nr. 116 (1839), S. 921-928 (= 2. Teil), Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik 2, Nr. 117 (1839), S. 929-935 (= 3. Teil).
Hegel
, Gervinus Grundzüge, S. 913-935
1839
Hegel
, Karl: Geschichte der Städteverfassung von Italien seit der Zeit der römischen Herrschaft bis zum Ausgang des zwölften Jahrhunderts, 2 Bde., Leipzig 1847 (= ND Aalen 1964).
Hegel
, Geschichte der Städteverfassung von Italien
1847
Hegel
, Karl: Storia della costituzione dei municipi italiani dal dominio romano fino al cadere del secolo XII. Con appendice intorno alle citta’ francesi e tedeschi, Milano 1861 (= Übersetzung von Fr.
Conti
, ND Whitefish, Montana 2009).
Hegel
, Storia della costituzione
1861
Goethe (Göthe), Johann WolfgangJohann Wolfgang Goethe11854023817491832Goethe, Johann Wolfgang (1749–1832), auch Göthe, deutscher Dichter.
Gervinus (Gervin), Georg Gottfried jun.Georg Gottfried Gervinus11853891818051871Gervinus, Georg Gottfried jun. (1805–1871), deutscher Historiker, Literaturhistoriker und Politiker, Sohn von Georg Gottfried Gervinus sen. (1765–1837) und seiner Ehefrau Anna Maria Magdalena Gervinus, geb. Schwarz (1772–1837). Er war Ehemann von Victorie Gervinus, geb. Schelver (1820–1893), 1835/1836 Professor der Geschichte und Literatur an der Universität Heidelberg, 1836/1837 an der Universität Göttingen (einer der „Göttinger Sieben“), 1844 Honorarprofessor an der Universität Heidelberg, 1848 Mitglied der Frankfurter Paulskirchen-Versammlung.
Hegel, Georg Wilhelm FriedrichGeorg Wilhelm Friedrich Hegel https://www.deutsche-biographie.de/sfz28648.html#ndbcontent11854773917701831 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1770–1831), Philosoph, Ehemann Maria Helena Susanna Hegels, geb. Tucher (1791–1855), Vater Karl und Immanuel Hegels , von 1808 bis 1816 Gymnasialrektor und Schulrat in Nürnberg, ordentlicher Universitätsprofessor für Philosophie von 1816 bis 1818 an der Universität Heidelberg und von 1818 bis 1831 an der Universität Berlin.
Gans, EduardEduard Gans11868947917971839Gans, Eduard (1797–1839), Jurist und Rechtsphilosoph, wurde 1826 außerordentlicher, 1828 ordentlicher Professor der Rechtswissenschaft an der Universität Berlin.
Maurenbrecher, RomeoRomeo Maurenbrecher11873202118031843Maurenbrecher, Romeo (1803–1843), war ein in Düsseldorf geborener und verstorbener Jurist. Er wirkte nach seiner 1828 in München erfolgten Habilitation von 1829 an in Bonn zunächst als Privatdozent, seit 1834 als außerordentlicher Professor und von 1838 als ordentlicher Professor für Staatsrecht.
Rosenstiel, Charlotte Adelheid, verh. KarstenAdelaide Rosenstiel, verh. Karsten-17881861Rosenstiel, Charlotte Adelheid (1788–1861), Ehefrau des Mineralogen Karl Karsten (1782–1853), war die Tochter des preußischen Staatsbeamten und Direktors einer Berliner Porzellanmanufaktur, Friedrich Philipp Rosenstiel (1754–1832), und der Elisabeth Decker, Erbin des Oberhofdruckers und Verlegers Georg Jakob Decker († 1799).
Tucher, Maria Helena Susanna, verh. HegelMaria Helena Susanna Tucher, verh. HegelMutter Karl Hegels11657082217911855Tucher, Maria Helena Susanna (1791–1855), Ehefrau des Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831), Mutter Karl Hegels (1813–1901), Schwester Johann Sigmund Karl Tuchers (1794–1871), des Vaters Susanna Maria Hegels (1812–1878), Onkels und Schwiegervaters Karl Hegels, Gründer der Tucher-Brauerei in Nürnberg. Siehe auch: Hegel, Maria Helena Susanna.
Berlin52.5170365,13.3888599Hauptstadt des Königreichs Preußen und ab 1871 auch des Deutschen Reiches.
Seiner/Se./Sr./S. / Hochwohlgeboren / WohlgeborenAnrede (in dritter Person) für ein Mitglied des niedrigen Adelsstandes („Hochwohlgeboren“) sowie im 19. Jahrhundert auch zunehmend Anrede für Honoratioren aus dem Bürgertum („Wohlgeboren“).
Doctor, DoktorDoktor als höchster akademischer Grad und Bezeichnung für jemanden, der einen Doktor-Titel trägt.
Am Kupfergraben (Berlin)Uferstraße entlang des Kupfergrabens als eines Teilabschnitts des Spree-Kanals. Im – nach damaliger Zählung – Gebäude Nr. 4a wohnte der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831) mit seiner Familie, danach für einige Zeit auch noch seine Witwe.
Spruchkollegium (Spruchcollegium)Für ein Rechtsurteil zuständiges Kollegium.
ErbverträgeGeorg Beseler (1809-1888) veröffentlichte in den Jahren 1835 bis 1840 drei Publikationen zu „Erbverträgen“, alle in Göttingen erschienen, unter folgenden Titeln: „Die Lehre von den Erbverträgen. Erster Theil: Die Vergabungen von Todes wegen nach dem älteren deutschen Rechte“, „Die Lehre von den Erbverträgen. Zweiter Theil, erster Band: allgemeiner Theil; der Erbeinsetzungsvertrag im Allgemeinen“ und „Die Lehre von den Erbverträgen, zweiter Theil, zweiter Band: besondere Arten des Erbeinsetzungsvertrags; der Erbverzicht, Anhang“.
hyperboreischIm hohen Norden lebend, ansässig oder gelegen.
Geschichte der poetischen National-Literatur der Deutschen („Literärgeschichte“)Zwischen 1835 und 1842 veröffentlichte Georg Gottfried Gervinus (1805-1871) in Leipzig fünf Bände seiner „Geschichte der poetischen National-Literatur der Deutschen“, teilweise bereits in zweiter umgearbeiteter Ausgabe.
Recension, Recensionen (Rezension/-en)Rezensionen, hier für kritische Besprechungen wissenschaftlicher Publikationen.
Geschichte der Städteverfassung von Italien, auch: Verfassungsgeschichte der italienischen StädteEs handelt sich hier um die von Karl Hegel (1813-1901) 1847 in Leipzig (Weidmann’sche Buchhandlung) publizierte zweibändige Abhandlung über die „Geschichte der Städteverfassung von Italien seit der Zeit der römischen Herrschaft bis zum Ausgang des zwölften Jahrhunderts“.
RechtsphilosophieTeilgebiet der Philosophie und Grundlagenfach der Rechtswissenschaft, das sich mit den grundsätzlichen Fragen des Rechts beschäftigt.
Grundlinien der Philosophie des Rechts1820/21 in Berlin veröffentlichte Monographie des Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831) über die „Grundlinien der Philosophie des Rechts“, welche 1833 von dem Juristen und Rechtsphilosophen Eduard Gans (1797-1839) ebenfalls in Berlin im Rahmen der Edition der Werke des Philosophen, Bd. 8, herausgegeben wurde.
Jahrbücher für wissenschaftliche KritikAuch unter der Bezeichnung „Berliner Jahrbücher“ bekannte, von der „Societaet für wissenschaftliche Kritik“ getragene wissenschaftliche Zeitschrift, deren Gründung im Jahre 1827 auf den Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831) und den Rechtswissenschaftler Eduard Gans (1797-1839) zurückging. Ihr Redakteur war der Philosoph und Staatswissenschaftler Leopold Dorotheus Henning (1791-1866). Die Zeitschrift mit einem wichtigen Rezensionsteil erschien bis 1846.
meo voteDurch meine Wahl, meine Stimme (im Sinne von Wahl bzw. Abstimmung).