Ich habe zu dem Vorstehenden von Gervin1, welche zumeist auch meinen Empfindungen ausspricht, nicht viel hinzuzufügen. Niemand kann Dein Glück aufrichtiger wünschen und es mit Dir theilen, als wir, Deine nächsten Freunde, und wenn Du in Emilien das Mädchen gefunden hast, welches Dein häusliches Glück durchaus begründen wird, so können wir nur die innigste Theilname an einer so wichtigen Begebenheit Deines Lebens haben und äußern. Wenn aber diese Empfindung des Glücks bei uns nicht so reine und so ungestört ist, wie sie es bei Dir zu sein schient, – so ist es, weil wir schon zu viel von unserer Theilnahme einer anderen Familie2 geschenkt hatten, welche wir mit Dir enger verbunden glaubten. Du bist jetzt zu lebhaft von dem einen Gefühle ergriffen, um dem andern noch Raum zu geben; und deßhalb zu entschuldigen, wenn Du so gar schnöde Dorotheen für abgethan hältst. Deßhalb erlaube uns aber auch, daß wir da andre Gefühl bei Dir selbst vertreten, da wir nicht glauben können, daß Du, was Du ein Jahr lang und länger in Dir herumgetragen hast, wofür Du lebhaft eine Zeit lang ergriffen und begeistert warst, in Deinem ganzen Leben, geschweige jetzt schon, kurz und gut abthun könntest. Eine solche Oberflächlichkeit kann bei Deiner Natur nicht Statt finden. – Ich wollte um alles nicht, daß Dein früheres freundschaftliches Verhältniß zu Dahlmanns durch diese Verbindung gestört oder gar aufgelöst würde. Gewiß würdest Du selbst dabei am meisten verlieren. Da Du Dich selbst gegen die Familie in keiner Schuld weißt, so wird es Dir um so leichter werden, eine augenblickliche Verstimmung, welche aus der unerwarteten Nachricht Deiner Verlobung entstehen könnte, durch Entgegenkommen zu entfernen. Ich wollte, Du wärst mit mir in Jena gewesen, um zu sehen, wie diese Familie sich in ihrem Unglück durchaus edel und würdig benimmt, und um dieselbe Ehrfurcht, welche ich für sie habe, mit mir zu theilen. An ihm hättest Du sehen können, wie das Unglück den Mann stählt, denn er schien mir noch um Vieles fester und zugleich wärmer geworden zu sein. Auch war er viel mittheilender, als er sonst pflegte. Eine gewisse Huldigung durch das Mißgeschick schien mir über die Familie zu ruhen, welche mir eben jene Ehrfurcht für Sie einflößte; und der Edelsinn und Ernst des Vaters schien sich in angemessner Weise, auch wohlthuend den Uebrigen mitgetheilt zu haben. Es wurde mir dabei das Herz schwer und der Geist erhaben. Ich dachte mir Dich als ein würdiges Glied dieser edlen Familie, und wünschte dem Mann den Trost, oder vielmehr, das Glück, welches sonst überall von ihm gewichen zu sein scheint. Dich zum Schwiegersohn zu haben, und in Dir eine Stütze seiner Familie und bei herannahendem Alter seine eigne zu finden. – Das Schicksal hat auch dies nicht gewollt; beklagen wir uns nicht weiter darüber. Schwer fügt sich Gervinus in die neue Verbindung; es ist ihm, als ob er langgehegte Pläne für die Zukunft, an denen er sich bisher erfreute und stärkte, mit einem Mal aufgeben sollte. Dafür ist mir weniger bange, wenn ich an Dich und an die Festigkeit Deines Charakters denke. Doch oft auch geschieht’s, daß wir, auch wenn wir wollten, uns nicht können von bindenden Verhältnißen lösen. Auf Dich wird’s ankommen, wie viel Du willst. –
Daß ich jetzt gerade, und dann wieder zu Ostern3 bei Deiner Hochzeit nicht in Berlin anwesend bin, bedaure ich überaus. Möchtest Du wenigstens meine Mutter dort aufsuchen; meine Wohnung bei ihr steht ganz zu Deiner Verfügung4. Meine Mutter würde sich unendlich freuen, Dich zu sehen. – Entziehe Deinen Freunden nichts von Deiner Liebe, so viel Du auch Deiner Emilia davon mittheilen magst.