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Georg Beseler an Karl Hegel, Rostock, 14. Juli 1838

Du hast sehr recht daran gethan, mein lieber Hegel, daß Du Dich von Deiner Nürnberger Reise2 nicht hast abhalten laßen. Ich weiß in diesem Augenblick nicht einmal ganz sicher, wann Dahlmanns3 in Jena4 ankommen, und würde es auf jeden Fall nicht haben verschmerzen können, Deine Mutter5, die Dich nun so lange laßen muß, um diese schöne Reise gebracht zu haben. Daß Du nur schwanken konntest, zeigt mir Deine Liebe ganz; auch ohne das hätte ich aber nie daran gezweifelt. – Ich mache jetzt schwerlich die Jenenser Reise6; das Nähere findest Du im Briefe an Gervinus angedeutet, der auch für Dich geschrieben ist. – Dir aber, mein Lieber, lege ich es nun recht ans Herz, dieß schöne Jahr nicht egoistisch allein zu verschwelgen, sondern auch mir Armen einige Brosame zufallen zu laßen. – Wegen der Arbeit, die Du wählst, bin ich in Spannung; vergreife Dich nur nicht! Wie wäre es, wenn Du auf Gervini Vorschlag7 eingingest? Kannst Du dieß Unternehmen nicht an eine Beantwortung der neulich von der Akademie8 aufgestellten Preisaufgabe anknüpfen? Das Einzige, was dagegen sprechen könnte, wäre die politische Seite; aber theils würde sie Dich recht in diese Spuhr einführen, theils sind in dieser Beziehung für die neuere Zeit die Vorarbeiten so groß, daß es nicht schwer ist, sich zu orientiren. – Warum ist das 15. Jahrhundert genannt, und nicht das 16te? Soll damit angedeutet werden, daß, im Gegensatz davon, die bisherige politische Entwicklung noch auf einen Luther habe warten laßen.

– Nur Eins bitte ich, mache Dein Jahr in Italien nicht zum Arbeitsjahr, sondern arbeite, sammle nur, so weit der wahre Genuß es erheischt; gewinne Dir eine gemüthliche Stimmung für Dein ganzes Leben! Und nun, mein Freund, χαῖρε !9– Kommst Du durch Basel, so grüß meine Freunde; empfiehl mich Deiner Mutter, und umarme Gervinus cum utere M. N.10

In treuer Liebe
Dein GB.