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Karl Hegel an Sophie Hegel, Erlangen, 5. Januar 1893

Meine liebe Sophie!

Für Deine hübschen und sinnigen Weihnachtsgeschenke sowie für Deinen Neujahrsgruß sage ich Dir besten Dank. Ich habe den Dickenskalender gewählt, finde aber dessen Sprüche etwas trivial. Den milden Käse verzehre ich zum Frühstück, Marie mag ihn nicht, liebt aber die Bananen. Du hast doch ein fröhliches Weihnachtsfest gehabt, voll Abwechslung und Unterhaltung; Du stellst Dir das unsrige in einem zu idealen Lichte vor; es ging sehr still bei uns zu. Den Gedanken an Weihnachten zu uns zu kommen, laß nur fallen; es verlohnt die kostspielige und im Winter sehr beschwerliche Reise nicht.

Wir hatten bittere Kälte, die noch andauert. Marie hatte viele Freude an der Sonntagsschulfeier in der Kirche, die außer den glänzenden zwei großen Weihnachtsbäumen vor dem Altar, besonders durch die Gesänge der Gemeinde und der Kinder sehr ansprechend war.

Wir besuchten Hellwigs am ersten Feiertag. Meine Neujahrsbesuche machte ich bei dem Prorector Strümpell und bei den alten Freunden unseres Hauses, Franks, Heinekes, Frl. Mathilde Döderlein, Frau v. Zezschwitz (die wir nicht trafen).

Du läufst fleißig auf dem Eise, das ist eine gesunde Bewegung; auch hier läuft man auf dem Kanal: es sind nur Backfische und Schüler.

Ich denke nicht, daß Du der Einladung nach Cambridge folgen wirst und sie wird wohl auch kaum noch gelten nach dem schweren Unfall, der in der Familie eingetreten ist.

Ich weiß nicht, ob Du schon von der Ordensauszeichnung gehört hast, die unserem guten Lommel am 1. des Jahres zur großen Freude seiner Familie zu teil geworden ist: er hat den Kronorden erhalten, mit dem das Adelsprädikat verbunden ist. An der hiesigen Universität erhielt Heineke denselben Orden. Du kannst der Frau Luise von Lommel gratulieren!

Marie sendet Dir ihre besten Grüße.

Dein treuer Vater Hegel