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Karl Hegel an Ernst Dümmler, Erlangen, 21. Juli 1894

Verehrter Herr College!

Der Plan des Herrn Archivdirectors Wolfram, die bereits von Huguenin veröffentlichten Chroniques de Metz aus dem Mittelalter aufs neue mit Historischer und sprachlicher Bearbeitung herauszugeben, empfiehlt sich von selbst. Niemand wird dazu besser befähigt sein als er, dem das ganze archivalische Material zur Verfügung steht. Allein in unserer Sammlung der Chroniken der deutschen Städte paßt, wie mit scheint, solche Ausgabe nicht. Die Stadt Metz, wiewohl einst dem deutschen Reiche angehörig, erweist sich in ihren französisch geschriebenen Chroniken ganz und gar nicht als eine deutsche Stadt. Sehr fremdartig und sonderbar würden sich diese in unserer Sammlung ausnehmen. Die Franzosen könnten mit Recht sagen: Seht, man hat in Metz das ganze Mittelalter hindurch nur französisch gedacht und geschrieben! Lächerlich ist es, es für eine deutsche Stadt auszugeben!

Doch abgesehen davon, wünsche ich den Umfang unserer Sammlung nicht über einen weiteren Kreis von Städten auszudehnen als schon bisher ins Auge gefaßt wurde, nachdem die Schweiz, Flandern, Brabant und andere Außenländer bereits zu eigenen Editionen ihrer Chroniken des Mittelalters geschritten sind. Es ist mein Wunsch vielmehr mit unserer Sammlung baldmöglichst zum Abschluß zu kommen. Und es fehlt nicht mehr viel mehr dazu. Auch mich hat die Stieve-Rittersche Sache1 sehr verdrossen. Allein wir waren in die Lage gebracht, zwischen dem einen und dem andern zu wählen, und Stieve hatte, wenn nicht das bessere Recht, doch den Beisitz in der Commission für sich. Ritter hat nachträglich noch ein besonderes Schreiben vom 12. Juli an die Mitglieder der Commission gerichtet. Recht unpassend fand ich darin die Äußerung am Schluß, daß es unter der Würde der Historischen Commission gewesen sei, die Ausführungen Stieves anzuhören! Will uns Herr Ritter lehren, die Würde der Historischen Commission besser zu wahren?!

Ich wünsche Ihnen in den Feiern volles Ausruhen von vieler angestrengter Arbeit, deren Früchte wir im Laufe des Jahres zu genießen bekamen, und bitte Sie Ihre Frau Gemahlin in Erinnerung an die angenehme Stunde in der ich neben ihr bei Ihnen zu Tisch saß, bestens zu grüßen.


Freundschaftlich
Ihr ergebener Karl Hegel.