XML PDF

Karl Hegel an Karl Halm, Erlangen, 18. Juni 1864

Sehr geehrter Herr College!

Ich bin so frei um Übersendung der beiden hier verzeichneten Bücher durch den Bibliotheks-Diener Grüner zu bitten.1 Sollte das Buch von Schedel bereits an mich abgeschickt worden sein, so verlange ich es natürlich nicht zum zweiten Mal; aber es scheint daß der Zettel, den ich in einem Briefe an Dr. Carl Schröder, meinen Gehülfen, gesendet habe, noch nicht in seine Hände gekommen ist, denn ich habe darauf keine Antwort von ihm erhalten!

Recht unangenehme und ziemliche Peinlichkeit bereitend ist die jetzt erfolgte zweite Abweisung des von unser Facultät vorgeschlagenen Professor Usener, über dessen vorzügliche Tüchtigkeit unter allen Männern des Fachs nur eine Stimme ist. Wir sollten nun durchaus einen Bayern vorschlagen und bezeichnet werden uns zwei junge Schulmeister und Schüler Nägelsbachs, die gewiß, besonders I. Müller, als solche sehr schätzbar sind, von denen wir aber gar nicht wissen, was sie als Docenten leisten werden, da sie sich außerhalb der Schule noch nicht versucht haben, und, was die Hauptsache ist, die auch noch durch keine wissenschaftliche Leistungen der Art sich hervorgethan haben, daß man sie mit gutem Gewissen und Vertrauen für einen akademischen Lehrstuhl, und noch dazu einen solchen, der vorher von Döderlein inne gehabt und der für unsere Universität von großer Wichtigkeit ist, empfehlen kann. Überhaupt ist das Princip sich bei Berufungen auf Bayern zu beschränken, ein höchst bedenkliches und in dieser Weise von dem verstorbenen König Max, wenn er auch in der letzten Zeit mehr darauf zurück kam, nicht urgirt worden. Was dagegen zu sagen ist, brauche ich Ihnen am wenigsten zu wiederholen, und natürlicher Weise würde unsere Universität die Folgen einer principiellen Abschließung sehr bald in der Abnahme des Besuchs auswärtiger Studirender sehr erspüren. Woher kommen dann wohl diese neuen Regierungsmaximen? und vermag unser wohlmeinender und aufgeklärter Herr Minister solche conträren Einflüsse nicht abzuwenden?? Immer verwunderlicher wird mir auch, daß über die Arbeiten der Historischen Commission, in welcher Weise sie künftighin fortgesetzt werden sollen, noch nichts bestimmt ist: daß die bloße Pietät für das Andenken des verstorbenen Königs sie sicher stelle, habe ich wenigstens von Anfang an geglaubt und werde ich nicht aufhören zu glauben als bis mir das Gegentheil urkundlich bewiesen wird.

Mit vorzüglicher Hochachtung
Ihr ergebener
Carl Hegel.