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Karl Hegel an Ferdinand Frensdorff, Erlangen, 24. November 1864

Geehrter Herr Doctor!

Sehr angenehm war mir Ihre Sendung des Manuscripts, an dem ich nichts weiter auszusetzen habe, als daß es nicht schon das ganze ist. Ich hätte nicht erwartet, daß Sie für den Anonymus noch so viel zu thun finden würden, da Sie das Material der Noten doch schon beisammen hatten und es nur nöthig schien das überflüssige aus den Noten auszuscheiden. Hirzel schrieb mir zuletzt, es würde ihm lieb sein, wenn der Druck im November beginnen könnte; daran ist nun nicht zu denken, aber es wird mir schon bange, ob wir überhaupt früh genug werden anfangen können, um den Band bis zum nächsten Herbst zu vollenden. Denn wenn auch der Anonymus I endlich fertig vorliegt, so können wir doch nicht eher beginnen, als bis wir der ununterbrochenen Fortdauer des Drucks sicher sind. Der Drucker muß immer eine gute Portion, mindestens für 4 bis 5 Druckbogen, vor sich liegen haben, wenn man seine Arbeit im Gange erhalten will, und jede Stockung von unserer Seite erregt viel Lamentirens bei dem Verleger und bringt Verdrießlichkeiten. Darum muß das Material für den ganzen Band in der Hauptsache vorliegen und nur noch im letzten Theil der Revision bedürfen, wenn wir anfangen. Wie steht es nun aber mit dem Weiteren? So viel ich sehe, ist es unzweifelhaft, daß wir mit Anonymus I, Wahraus und Küchlin nicht einen Band ausfüllen können. Was aber dazu nehmen? Wir haben auch den Anonymus II, und obwohl er später schließt als Zink, würde ich kein Bedenken hegen ihn aufzunehmen, wenn es irgend möglich ist, damit er uns nicht für den dritten Band1 liegen bleibt, den doch wahrscheinlich Mülich ganz ausfüllen wird. Da ist nun aber auch noch die Chronik bis 1469, von der Sie mir Näheres mittheilen. Doch sehe ich daraus noch nicht klar, ob sie für unsere Sammlung paßt, ob sie nicht mehr Bischofs- als Stadtgeschichte ist und ob, wenn wir diese aufnehmen, nicht auch die von Frank denselben Anspruch darauf hat.

Davon hängt auch ab, ob es nothwendig erscheint, Abschriften von derselben zu nehmen. Ich möchte nicht, daß Sie Ihre Zeit darauf verwenden, außer in dem Fall, wenn wir entschieden wären, diese Chronik in unsere Sammlung und zwar in den ersten Band von Augsburg2 aufzunehmen. Hierüber erbitte ich mir noch Ihre Erklärung, indem ich Sie zugleich darauf aufmerksam mache, daß wir eher Ursache haben, uns auf das Nothwendige zu beschränken, als darüber hinauszugehen. Melden Sie mir dann gefälligst auch, wie es mit dem anderen für den ersten Band bestimmten Stücken steht, welche Aussicht Sie haben, damit zum Ende zu kommen?

Die Chronik, Berlin no. 4153, hat viel älteste Sagengeschichte und könnte wohl Grundlage für Meisterlin gewesen sein, schreiben Sie. Ist aber Ihre Meinung, daß wir daneben auch noch den Küchlin, oder sie neben den Küchlin geben sollten, da doch auch dieser nichts weiter enthält? –

Ihre Einleitung finde ich sehr passend und ausreichend. Nur verstehe ich nicht, warum Sie mehrere Verfasser bis 97 annehmen wollen: warum ist nicht einer genug? – Ich behalte sie zurück, bis ich das Übrige bekomme: Schreiben Sie mir das nur recht bald.

An Pertz habe ich wegen Verlängerung des Termins geschrieben. Der Brief4 ist gestern abgegangen.

Grüßen Sie Waitz und sagen Sie ihm, daß ich Knochenhauer als Mitarbeiter gewonnen habe, für den Fall daß unser Etat5 bewilligt wird, worauf wir zur Zeit noch warten.

Hochachtungsvoll
der Ihrige
Carl Hegel.