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Karl Hegel an Ferdinand Frensdorff, Erlangen, 10. April 1865

Sehr geehrter Herr Doctor!1

Ihre Sendung vom 6.2 habe ich erhalten3 und danke ich Ihnen für die gesammelten Notizen über die Münzverhältnisse. Diese werden ohne Zweifel recht dienlich sein, aber wohl erst bei Zink zur Verwendung kommen, wo mehr Anlaß zu einer besonderen Ausführung über das Münzwesen gegeben sein wird. Doch werde ich sehen, was sich damit für die betreffenden dunklen Stellen in den vorausgehenden Stücken schon jetzt machen läßt.

Unter den Aufzeichnungen von Bechstein hat sich allerdings noch eine nachträgliche von mir übersehende Notiz über die von Ihnen ins Auge gefasste Handschrift gefunden. Sie ist folgende:

[Schwaben 16.17 August . Blatt 24. „Sich anfueg ein missehelle zwischen den großen von Wurtemberg und den reichs steten zu Swoben – daß beschach do her Heinrich von Nördlingen schaffen weg.“4 Von einer Hand des 15. Jahrhunderts]5

Dieser Anfang ist eigenthümlich und stimmt nicht mit dem Anonymus. Vielleicht wissen Sie ihn mit einer anderen Chronik zu identifiziren. Gut wäre es freilich, wenn Sie die Handschrift selbst einsehen könnten, und sogar nothwendig, wenn auch Ihnen der Anfang und das Ende ganz unbekannt wären.

Zu den Wiener Handschriften6 wird sehr schwer zu kommen sein. Bei Professor Sickel könnte man sich allerdings nach deren Gehalt des Weiteren erkundigen. Um aber zur Benutzung derselben zu gelangen, wäre entweder selbst nach Wien zu reisen nothwendig; oder ein sehr umständlicher Weg einzuschlagen, den mir Karajan früher einmal angegeben hat, nämlich sich an das auswärtige bayrische Ministerium zu wenden, welches durch den bayrischen Gesandten bei dem Oberhofmeisteramte in Wien die Verleihung nachzusuchen hätte. Wollte ich aber selbst diesen Weg benutzen, so würde ich doch günstigen Falls die Handschrift nur hierher bekommen, könnte es aber nicht riskiren, sie Ihnen nach Göttingen zu schicken. Es bliebe also nur übrig, daß Sie selbst Ihr Glück bei dem auswärtigen hannovischen Ministerium versuchten. Doch scheint mir wie gesagt, die Sache nicht von der Wichtigkeit, da es sich nicht um eine Chronikenhandschrift handelt, sondern nur um ein, wenn auch immerhin erwünschtes Beiwerk und eine bloße Zugabe.

Usinger hat ein unerwartetes Glück mit seiner Berufung nach Greifswald gehabt. Kern ist jetzt fort, um das seinige in Freiburg zu versuchen; er thut es unter den günstigsten Anzeichen, doch habe ich nicht anders gekonnt, als ihm von Anfang bis zuletzt davon abzurathen; eine Archivstelle, die er in Karlsruhe haben konnte, wäre meines Erachtens besser für ihn gewesen. Dr. Knochenhauer ist am 1. April angekommen und bereits in Nürnberg beschäftigt.

Hochachtungsvoll
Ihr ergebenster
Carl Hegel