Gestatten Sie, daß ich Ihnen meinen verbindlichsten Dank für Ihre liebenswürdige Zusendung sage. Es bedarf gewis nicht der besonderen Versicherung, daß Ihre Ausführungen mich aufs lebhafteste interessiert und meinen lebhaftesten Beifall gefunden haben. Man weiß nicht recht, soll man an- | nehmen, daß es den Vertretern der Gildetheorie wirklich Ernst mit ihren Behauptungen ist? Ich glaube, sie machen sich selbst etwas vor. Leider muß man bei einigen wohl annehmen, daß sie sich durch die Verteidigung der Gildetheorie an einflußreicher Stelle empfehlen wollen. So z. B. bei Pappenheim, der in verba bei
Gierke, Amira, Goldschmidt
schwört. Pappenheim ist von Ihnen sehr treffend charakterisiert worden. Amira selbst scheint mir von allen Vertretern der Gildetheorie der Klügste zu sein und namentlich auch ein feines Gefühl| zu haben. Er hat sich, wie ich auch in der Besprechung Ihres Werkes in den Göttingischen Gelehrten Anzeigen hervorgehoben habe, über die Gildetheorie zuletzt sehr vernünftig ausgedrückt. Ich glaube, daß er manches, was er früher gesagt hat, jetzt nicht mehr aufrecht hält. Sein schönes Wort „methodologisch“ wird er wohl auch bereuen!
Köhne hat in seinem neuen Buch „Das Hansgrafenamt“ die Gildetheorie nochmals vorgetragen. Ich habe einiges dazu im literarischen Centralblatt 1893 Sp. 208 ff. bemerkt.
Zu den Verteidigern der Gildetheorie hat sich jetzt auch Schmoller gesellt. In | einigen Tagen werde ich mir erlauben Ihnen meine Antwort an Schmoller zuzusenden.
Indem ich Sie bitte den Ausdruck meiner aufrichtigsten Verehrung entgegennehmen, zeichne ich
als Ihr ganz ergebenster
Georg von Below.
Below, Georg Georg Below
HiKo
11865808518581927Below, Georg (1858–1927), in Königsberg geborener Wirtschafts- und Verfassungshistoriker, der an der Universität Bonn studierte und im Jahre 1883 promoviert wurde. Nach seiner Habilitation an der Universität Marburg im Jahre 1886 wurde er außerordentlicher Professor an der Universität Königsberg, 1891 ordentlicher Professor an der Universität Münster, 1897 in Marburg, 1901 in Tübingen und 1905 in Freiburg im Breisgau. Von 1904 bis 1926 war er in der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften nach dreijähriger Vakanz in der Nachfolge Karl Hegels Leiter der Abteilung „Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Münster51.9625101,7.6251879Etwa 480 Kilometer westlich von Berlin gelegene alte Bischofsstadt und Metropole des Münsterlandes, die im Jahre 1815 infolge der Beschlüsse des Wiener Kongresses ans Königreich Preußen fiel und Hauptstadt der neu gegründeten Provinz Westfalen wurde.
Universitätsbibliothek (UB) Erlangen-Nürnberg, Erlangen: Ms. 2053; Ms. 2069; Ms. 2306; Rar V, 11
.
UB Erlangen-Nürnberg
1000
Below
, Georg von: Städte und Gilden der germanischen Völker im Mittelalter, in: Göttinger Gelehrte Anzeigen 1892 (10), S. 406-422.
Below
, Städte und Gilden, S. 406-422
1892
Pappenheim, Friedrich Albert10053895917771860Pappenheim, Friedrich Albert (1777–1860), Gutsbesitzer, königlich bayerischer Offizier und 1848 als General der Kavallerie pensioniert; wurde 1856 Eigentümer der Gebäude des Klosters Ettal und seiner Brauerei.
Gierke, Otto11853920518411921Gierke, Otto (1841–1921), war Rechtshistoriker, seit 1867 lehrte er als Privatdozent in Berlin, wo er später außerordentlicher Professor wurde, bevor er 1884 zum Ordinarius in Heidelberg avancierte bis er schließlich 1887 eine ordentlicher Professor in Berlin erhielt, wo er 1902/03 das Rektorat bekleidete; er war Schüler des Juristen Georg Beseler (1809–1888), dem Jugendfreund Karl Hegels (1813–1901).
Amira, Karl Konrad Ferdinand Maria11864499818481930Amira, Karl (1849–1930), war ein deutscher Rechtshistoriker, der bezüglich der sogenannten Gildetheorieeinen zu Karl Hegel (1813–1901) konträren Standpunkt eingenommen hatte.
Goldschmidt, Levin11940935618291897Goldschmidt, Levin (1829–1897), war Jurist, Handelsrechtler und Politiker, der sich 1855 in Heidelberg an der juristischen Fakultät habilitierte, 1860 dort außerordentlicher, 1866 ordentlicher Professor wurde. 1875 folgte er einem Ruf an die Universität Berlin auf einen eigens für ihn eingerichteten Lehrstuhl für Handelsrecht; von 1875 bis 1877 war er als Mitglied der nationalliberalen Partei Angehöriger des Reichstags.
Koehne (Köhne), Carl 11628596618631932Koehne (Köhne), Carl (1863–1932), war Rechts- und Kulturhistoriker sowie Jurist; er wirkte von 1902 bis zu seinem Tod 1932 an der Technischen Hochschule in Berlin.
Schmoller, Gustav11860937818381917Schmoller, Gustav (1838–1917), war ein Nationalökonom und Historiker, der als Professor an den Universitäten Halle, Straßburg und Berlin wirkte; seit 1887 war er ordentliches Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften; von 1899 an bis zu seinem Tod war er Mitglied des Preußischen Herrenhauses für die Berliner Universität.
Weseler Straße (Münster)Im 19. Jahrhundert als befestigte Straße entstanden, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts als „Weseler Straße“ bezeichnet wurde.
Professor, ProfeßorBerufs- oder Amtsbezeichnung und Anrede für den Inhaber einer Professur an einer Universität oder Hochschule, wobei nicht jeder Professor eine Professur bekleidet; früher auch Bezeichnung für einen Gymnasiallehrer (Gymnasial-Professor) bzw. Lehrer an einer Lateinschule.
Gildetheorie, Gilden-Theorie; auch: GildefrageMethodenstreit vornehmlich innerhalb der Geschichtswissenschaft, in welchem die Anhänger der sogenannten „Gildetheorie“ bzw. „Gilden-Theorie“ darin übereinstimmten, dass die Gilde als Ursprung der germanischen Städte anzusehen sei. Diesen Standpunkt vertraten vornehmlich die Historiker Wilhelm Wilda (1800-1856) und Karl Wilhelm Nitzsch (1818-1880), auch im Sinne einer sogenannten „Großen Gilde“ nach nordischem Vorbild, sowie auch hinsichtlich der „Hypothese von der Gilde als Blutsbrüderschaft“ der Rechtswissenschaftler (Germanist) Max Pappenheim (1860-1934). Karl Hegel (1813-1901) dagegen wies, basierend auf fundiertem Quellenstudium, vornehmlich in seinem Alterswerk nach, dass nicht überall alte Gilden vor Entstehung der jeweiligen Stadtverfassung (bezüglich deutscher und außerdeutscher) Städte bestanden.
in verba (schwören)Lateinische Wendung „in verba“ mit folgendem Genitiv und dem Verb iurare, schwören für: jemandes Meinung unkritisch übernehmen.
Städte und Gilden der germanischen Völker im MittelalterZweibändige Schrift Karl Hegels (1813-1901) aus seinem Alterswerk, die 1891 in Leipzig erschien.
Göttingische Gelehrte Anzeigen1739 als Rezensionsorgan gegründete, noch heute bestehende Zeitschrift.
Das Hansgrafenamt (Koehne)Monographie Carl Koehnes (1863-1932) unter dem Titel: „Das Hansgrafenamt“, welche 1893 in Berlin erschien.
Lit(t)erarisches CentralblattVon dem Germanisten Friedrich Zarncke (1825-1891) in Leipzig 1850 gegründetes Rezensionsorgan.