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Georg Below an Karl Hegel, Münster, 22. November 1891

Hochverehrter Herr Professor!

Gestatten Sie, daß ich Ihnen für Ihre überaus liebenswürdige Zusendung meinen aufrichtigen Dank sage. Sie haben mir dadurch eine geradezu außergewöhnliche Freude bereitet. Ich bin in diesen wenigen Tagen natürlich noch nicht dazu gekommen, Ihr Werk vollständig gründlich durchzustudieren. Aber was ich bisher gelesen, ist für mich schon eine Quelle reicher Belehrung geworden.

Es war endlich Zeit, daß mit der Gildetheorie gründlich aufgeräumt wurde. Jetzt erst, nachdem freie Bahn gemacht ist, wird die Geschichte der gewerblichen Verbände mit Nutzen weiter gefördert werden. Ihr Werk ist meines Erachtens ebenso wirtschaftsgeschichtlich wie verfassungsgeschichtlich von hervorragender Bedeutung. Es ist in der Tat jetzt „die Bahn gebrochen“.

In mit kleinerem Rahmen habe ich den Grundgedanken Ihres Werkes in einem bereits gedruckten Aufsatze (in Hildebrands Jahrbüchern) vertreten, den ich Ihnen in 8-14 Tagen, wie ich hoffe, zusenden kann.1 Ich bin aufs Höchste erfreut, daß ich ganz unabhängig zu demselben Resultat wie Sie gekommen bin. Natürlich aber beschränkt sich mein Aufsatz eben auf ein kleines Gebiet.

Mein „Ursprung der deutschen Stadtverfassung“ (worin ich mich besonders gegen Sohm wende) ist leider schon zu weit im Druck vorgeschritten, als daß ich darin auf Ihr neuestes Werk verweisen könnte.

Nur im Vorwort und in einem Anhang läßt sich noch etwas einflechten. Es ist mir aber die größte Befriedigung zu sehen, daß ich mich auch hier in den wichtigsten Fragen Ihrer Zustimmung erfreue.

Nachträglich sage ich Ihnen noch meinen ver- bindlichsten Dank für ihren letzten liebenswürdigen Brief. Wie alle Ihre Briefe, bewahre ich mir auch diesen als wertvolles Denkmal auf.2

Ich darf mir wohl die Freiheit nehmen, auf die Wichtigkeit Ihres neusten Werkes noch in einer Zeitschrift hinzuweisen, in einer eingehenden Besprechung.3 ––

Soeben hat Lamprecht in einem Aufsatz der Historischen Zeitschrift die unglaublichsten Dinge über die Gilden behauptet. Nun, Lamprecht ist bereits bei dem Stadium des Vielschreibertums angelangt, bei dem es auf die Richtigkeit der Behauptungen nicht mehr ankommt. ––

Mit nochmaligem aufrichtigen Dank und dem Ausdruck meiner größten Verehrung
Ihr ganz gehorsamer Diener
Georg von Below.