XML PDF

Karl Hegel an Aloys Schulte, Erlangen, 9. November 1884

Sehr geehrter Herr Doctor!1

Ich wende mich an Sie mit einer Anfrage bezüglich der Herausgabe der Deutschen Städtechroniken und mit dem Wunsche, Sie als Mitarbeiter für diese zu gewinnen. Sie haben sich schon so eingehend und mit so anerkanntem Erfolge mit verschiedenen Quellen der mittelalterlichen Städtegeschichte beschäftigt, daß ich meine, es müsse das Anerbieten, welches ich Ihnen machen will, ein bereitwilliges Entgegenkommen von Ihrer Seite finden, gleichwie ich auch wohl annehmen darf, daß es Ihnen erwünscht sein werde, in das Verhältniß eines Mitarbeiters zur Historischen Commission in München einzutreten. Auch ist die Aufgabe, die ich für Sie bereit halte, an sich lohnend genug, und sie liegt Ihren bisherigen Studien und Ihrem jetzigen Aufenthaltsorte am wenigsten fern. Es handelt sich um die Fortsetzung der Augsburger Chroniken, von welchen, wie Sie wissen, Frensdorff 2 Bände herausgegeben hat. Zunächst kommt die Chronik des Hektor Mülich nebst seinen Fortsetzern in Betracht, so Augsburger Chronik I Einleitung Seite XLI. Frensdorff wollte auch diese noch herausgeben, ist aber nicht mehr dazu gekommen und hat nun definitiv darauf verzichtet. Der Text von Mülich ist längst von Lexer nach dem Original in Augsburg abgeschrieben und befindet sich noch in Frensdorffs Händen. Damit ist bereits ein großer Theil der Arbeit gethan und für den Text nur noch die Collationirung nach der Handschrift in Augsburg und die Vergleichung mit einer andern in Stuttgart nöthig, siehe Stälins Würtembergische Geschichte Band 3 S. 326 Anmerkung 22. Für die historische Bearbeitung wäre das Stadtarchiv in Augsburg zu benutzen. Ich denke nicht, daß dazu ein sehr langer Aufenthalt dort erforderlich wäre, da man sich auf das nothwendige für die historische Erklärung beschränken muß und das meiste im gedruckten Quellenmaterial, wie in der historischen Litteratur vorliegt. Für Reisekosten und Diäten kommt die Historische Commission auf; die gefertigte Arbeit wird per Druckbogen anständig honorirt.

Ich habe bereits an Frensdorff geschrieben, daß ich Sie auffordern wolle und er hat sich sehr einverstanden damit erklärt. Sie würden nicht bloß meinen dringenden Wunsch erfüllen, sondern sich auch den Dank der Historischen Commission erwerben, wenn Sie sich uns nicht versagen wollten. Die Fortsetzung der Augsburger Chroniken hängt zur Zeit von Ihrer Entschließung ab.3

Hochachtungsvoll und ergebenst
Carl Hegel.