Erst heute hörte ich von meinem Collegen, dem Mathematiker Gordan, der mit in Berlin war, daß Eure Excellenz von mehreren Seiten dazu bestimmt und darauf vorbereitet waren, in der Festsitzung der Berliner Akademie die Anrede namens der deutschen
Universitäten, abgesehen von Berlin, zu halten. Gestatten Sie mir Ihnen mitzuteilen, wie es bei der Wahl des Sprechers in der Zusammenkunft der Delegirten am Sonntag Mittag zugegangen ist. Es wurde ein | Langes und Breites darüber verhandelt, in welchem Anzuge die Delegirten bei dem Festakt im Schlosse erscheinen sollten, ganz kurz abgemacht dagegen die Wahl des Sprechers. Es war, wenn ich nicht irre, der Berliner
Rektor
Fuchs, der den Vertreter der zweitgrößten Universität München vorschlug, wogegen sich von keiner Seite Widerspruch erhob. Ew. Excellenz waren bei dieser Zusammenkunft nicht zugegen, es schien daher zweifelhaft, ob Sie zu dem Jubiläum kommen würden. Wunder muß es jedoch nehmen, daß keiner von denen die besser unterrichtet waren und zum voraus Sie als Redner bestimmt hatten, den Mund aufgethan hat. | So ist es geschehen, daß Sie übergangen wurden und Ihnen eine unabsichtliche Kränkung zugefügt worden ist. Ich kann nicht umhin Ew. Excellenz hierüber mein herzliches Bedauern auszusprechen.
Verehrungsvoll
Geheimer Rat Dr. Karl Hegel
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Fischer, KunoKuno Fischer11853340118241907Fischer, Kuno (1824–1907), aus Schlesien stammender Philosoph, der von 1844 bis 1847 an den Universitäten Leipzig und Halle Philosophie, Philologie und Theologie studierte und sich 1850 an der Universität Heidelberg habilitierte. Von 1856 bis 1872 war er Philosophie-Professor an der Universität Jena und darnach Ordinarius an der Universität Heidelberg.
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
UB Heidelberg
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UB Heidelberg
1000
Nicolin, Friedhelm (Hrsg.): Karl Hegel an Kuno Fischer. Sieben Briefe, in: Hegel-Studien, Bd. 6, Bonn 1971, S. 53-64
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Nicolin, Friedhelm (Hrsg.): Karl Hegel an Kuno Fischer. Sieben Briefe, in: Hegel-Studien, Bd. 6, Bonn 1971, S. 53-64.
1971
Neuhaus
, Helmut (Hg.): Karl Hegels Gedenkbuch. Lebenschronik eines Gelehrten des 19. Jahrhunderts, Köln, Weimar, Wien 2013.
Neuhaus
, Karl Hegels Gedenkbuch
2013
Gordan, Paul11677381218371912Gordan, Paul (1837–1912), in Breslau als Sohn eines jüdischen Bankiers und Pelzhändlers geborener Mathematiker, der – im Jahre 1855 evangelischer Christ geworden – nach einer Banklehre von 1857 bis 1862 an den Universitäten Breslau, Königsberg und Berlin studierte, 1862 in Berlin promoviert wurde und sich 1863 an der Universität Gießen habilitierte. Dort wurde er 1864 außerordentlicher Professor und war von 1875 bis 1910 ordentlicher Professor an der Universität Erlangen. Seine bekannteste Schülerin war Emmy Noether (1882–1935), die Tochter des Erlanger Mathematikers Max Noether (1844–1921).
Fuchs, Lazarus11684432918331902Fuchs, Lazarus (1833–1902), aus der Provinz Posen stammender Mathematiker, der sich nach seinem Studium 1865 an der Universität Berlin habilitierte und ein Jahr später dort außerordentlicher Professor wurde. Von 1869 bis 1874 war er Ordinarius seines Faches ebenfalls an der Universität Berlin, 1874 an der Universität Göttingen, von 1875 bis 1884 an der Universität Heidelberg und darnach wieder an der Berliner Universität. Im Studienjahr 1899/1900 war er deren Rektor.
Berlin52.5170365,13.3888599Hauptstadt des Königreichs Preußen und ab 1871 auch des Deutschen Reiches.
München48.1371079,11.5753822Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Bayern an der Isar in Oberbayern.
Geheimer Rat(h), Geheimer Rath, Geheimerrath, Geheimrat(h); auch: Geheimer OberrathVornehmlich auf die Zeit des Absolutismus zurückgehender Titel als Bezeichnung für ein Mitglied des Hof- oder Staatsrat als Beratungs- und Regierungsorgan eines Herrschers, welcher im 19. Jahrhundert zumeist als Ehrentitel in monarchischen Staaten gebraucht wurde.
Ew./Euer Excellenz (Exzellenz)Ehren-Anrede und Titel für hohe Beamte, v.a. für Minister, höhere Hofbeamte, Geheime Räte etc.
Academie, Akademie der Wissenschaften (Preußen)Gelehrtengesellschaft, die im Jahre 1700 von Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg (1657-1713), dem König Friedrich I. in Preußen von 1701 bis 1713, in Berlin gegründet wurde.
Deutsch/deutsch, Deutsche/r; DeutschesAuf die deutschen Staaten bezogen, den deutschen Staaten zuzuordnen, zu den deutschen Staaten gehörend; deutschsprachig; deutsche Sprache; Angehörige/r der deutschen Staaten, Deutschlands.
Universität, UniversitätenGemeinschaft von Lehrenden und Lernenden der Fächer Theologie, Juristprudenz sowie der vorbereitenden Studien der „artes liberales“ gegen Ende des 12. Jahrhunderts in Europa (Paris, Bologna, Oxford), Medizin folgte bald darauf als Fach, womit „Universität“ als Gemeinschaft aller Wissenschaften galt („studium generale“); heute in mehrere Fakultäten gegliederte die Gesamtheit der Wissenschaften umfassende Lehr- und Forschungsstätte für wissenschaftliche Ausbildung und Forschung.
Universität BerlinVom preußischen König Friedrich Wilhelm III. (1770-1840) auf Anregung des Bildungsreformers, Politikers und Diplomaten Wilhelm von Humboldt (1767-1835) im Jahre 1809 gegründete Universität in der preußischen Hauptstadt, die unter ihrem ersten Rektor Theodor von Schmalz (1760-1831) 1810 den Lehrbetrieb aufnahm.
DelegirteDelegierte, Abgesandte zu einer bestimmten Versammlung, eines Festaktes etc.
Schloß (Berlin)Das Schloß auf dem südlichen Teil einer Spree-Insel inmitten Berlins war seit dem 15. Jahrhundert die Hauptresidenz der Kurfürsten von Brandenburg, seit 1701 der Könige in und von Preußen sowie ab 1871 der Deutschen Kaiser. In den Jahren 1698 bis 1713 wurde es nach den Plänen der Architekten Andreas Schlüter (1659-1714) und Johann Friedrich Eosander (1669-1728) grundlegend umgebaut.
Berliner, BerlinerinZu Berlin gehörend, auf Berlin bezogen, Berlin zuzuordnen; in Berlin bzw. Preußen lebende, arbeitende und sich damit entsprechend (preußisch) identifizierende Menschen – auch im politischen (kleindeutschen) Sinne.
RektorLeiter einer Universität oder Hochschule; siehe auch: Rektorat.
Universität MünchenDie Universität wurde im Jahre 1472 von Herzog Ludwig IX., dem Reichen (1417-1479), in Ingolstadt gegründet, 1800 von König Maximilian I. Joseph (1756-1825) nach Landshut verlegt und schließlich 1826 von König Ludwig I. (1786-1868) in München, der Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Bayern, fest angesiedelt.