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Karl Hegel an Kuno Fischer, Erlangen, 2. Mai 1900

Hochgeehrter Herr Geheimerrat!

Erst heute hörte ich von meinem Collegen, dem Mathematiker Gordan, der mit in Berlin war1, daß Eure Excellenz von mehreren Seiten dazu bestimmt und darauf vorbereitet waren, in der Festsitzung der Berliner Akademie die Anrede namens der deutschen Universitäten, abgesehen von Berlin, zu halten. Gestatten Sie mir Ihnen mitzuteilen, wie es bei der Wahl des Sprechers in der Zusammenkunft der Delegirten am Sonntag Mittag zugegangen ist. Es wurde ein Langes und Breites darüber verhandelt, in welchem Anzuge die Delegirten bei dem Festakt im Schlosse erscheinen sollten, ganz kurz abgemacht dagegen die Wahl des Sprechers. Es war, wenn ich nicht irre, der Berliner Rektor Fuchs, der den Vertreter der zweitgrößten Universität München2 vorschlug, wogegen sich von keiner Seite Widerspruch erhob. Ew.3 Excellenz waren bei dieser Zusammenkunft nicht zugegen, es schien daher zweifelhaft, ob Sie zu dem Jubiläum kommen würden. Wunder muß es jedoch nehmen, daß keiner von denen die besser unterrichtet waren und zum voraus Sie als Redner bestimmt hatten, den Mund aufgethan hat. So ist es geschehen, daß Sie übergangen wurden und Ihnen eine unabsichtliche Kränkung zugefügt worden ist. Ich kann nicht umhin Ew. Excellenz hierüber mein herzliches Bedauern auszusprechen.

Verehrungsvoll
Geheimer Rat Dr. Karl Hegel