Ihre neueste Mittheilung hat mich im hohen Grade überrascht. Befremdlich war sie mir zunächst aus dem Grund, daß sie so spät erfolgt ist, nachdem Sie bereits mit Dr. Lexer ohne mein Vorwissen die Einleitungen zu der beabsichtigten Edition getroffen. Wie soll ich mir dies Stillschweigen deuten? es kann kaum ein absichtsloses gewesen sein. Habe ich so wenig Vertrauen von Ihnen verdient? Haben Sie mir angemerkt, daß ich Ihnen oder irgend einen meiner Mitarbeiter eine Ehre oder einen Vortheil mißgönne? Oder haben Sie aus einem andern Grunde einen Einspruch von mir erwartet?
Doch dazu haben Sie mir jetzt noch die Gelegenheit gegeben, ohne aber auch nur die Möglichkeit einer Einwendung von meiner Seite mit einem Worte anzudeuten, indem Sie sich nur wegen eines außerhalb unseres Verhältnisses liegenden formalen Bedenkens an mich wenden, | worüber Sie „ganz gelegentlich“ meine Meinung wissen wollen.
Das Verhältniß, welches hierbei hauptsächlich in Betracht kommt, ist meiner Ansicht nach folgendes: Es steht keinem Mitarbeiter bei unserem Unternehmen zu, von dem ihre dargebotenen Materialien ohne Weiteres das heißt
ohne vorgängige Verständigung für einen andern Zweck Gebrauch zu machen. Ich meine dies ist eine moralische Verpflichtung, die so sehr in der Natur der Sache liegt, das sie keiner weitläufigen Erörterung bedarf. Erst muß also darüber entschieden sein, daß solches Material nicht für unsere Edition zur Verwendung kommen soll, und es ist wohl keine Frage, daß diese Entscheidung an letzter Stelle von mir abhängt. Eine solche ist aber im vorliegenden Falle von mir noch nicht abgegeben worden. Herr Dr. Lexer hat zwar vorübergehend und ganz im Allgemeinen mit mir von der Sache gesprochen, aber nicht in diesem Sinne und nicht als von Etwas, das bereits in der Ausführung begriffen sei. Auch | setzen Sie selbst nicht voraus, daß ich damit schon bekannt sei oder gar eine Erklärung darüber abzugeben hätte.
Diese muß ich mir auch jetzt noch ausdrücklich vorbehalten. – Der Codex, von dem die Rede ist, ist mir zum Theil bekannt genug: ich fand gleich beim ersten Aufschlagen darin ein Stück, nach welchem ich lange gesucht, welches von der Herstellung der kaiserlichen Burg vor Empfang des Kaisers handelt; ich habe ihn deshalb aus der Merkel’schen Bibliothek herausgenommen und habe ihn an Dr. Kern übergeben, um ihn genauer zu untersuchen und ihn eventuell für die von ihm zu bearbeitende Parthie der Chroniken zu benutzen. Das war seine Bestimmung, daß er auch in Ihre Hände gekommen ist und daß Sie sich mit ihm beschäftigt haben, war mir bisher noch nicht bekannt und ist auch gleichgültig. Denn wenn Sie auch allein ihn entdeckt hätten und allein seinen Werth erkannt hätten, so würde doch die erste Frage immer die sein, ob er für unsere Arbeit ganz oder theilweise zu gebrauchen wäre, ehe an eine andere Verwendung gedacht werden dürfte. –
Hochachtungsvoll
der Ihrige
Hegel.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Weech, Friedrich Friedrich Weech11720809418371905Weech, Friedrich (1837–1905), in München geborener Archivar, Bibliothekar und Historiker, der 1862 Privatdozent für Geschichte an der Universität Freiburg wurde, von 1864 bis 1868 Bibliothekar an der Großherzoglich-Badischen Hofbibliothek in Karlsruhe und von 1885 bis 1905 Direktor des Badischen Generallandesarchivs in Karlsruhe war. Er war Mitarbeiter Karl Hegels (1813–1901) an der Edition der „Chroniken der deutschen Städte“ der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
GLA Karlsruhe
.
GLA Karlsruhe
1000
Kreis
, Marion: Karl Hegel. Geschichtswissenschaftliche Bedeutung und wissenschaftsgeschichtlicher Standort (= Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 84), Göttingen, Bristol, CT, USA 2012.
Kreis
, Geschichtswissenschaftliche Bedeutung
2012
Lexer, MatthiasMatthias Lexer11905732818301892Lexer, Matthias (1830–1892), in Kärnten geborener Privat- und Gymnasiallehrer, Sprachwissenschaftler und Lexikograph, der 1861 wissenschaftlicher Mitarbeiter Karl Hegels am Editionsunternehmen „Die Chroniken der deutschen Städte“ der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften wurde und ihm auch nach seinem Ausscheiden verbunden blieb. 1863 wurde er außerordentlicher, 1866 ordentlicher Professor für Deutsche Philologie an der Universität Freiburg im Breisgau und war von 1868 bis 1890 Ordinarius an der Universität Würzburg. Im Jahre 1891 folgte er einem Ruf an die Universität München, verstarb aber ein Jahr später.
Merkel, Paul Wolfgang11906323917561820Der Nürnberger Kaufmann und Politiker Paul Wolfgang Merkel (1756–1820), war der bedeutendste Vertreter der Merkelschen Familie und eine der exponiertesten Persönlichkeiten der bürgerlichen Reformbewegung in der Endzeit der Reichstadt Nürnberg und zu Beginn der bayerischen Zeit, der auch über wertvolle, noch heute erhaltene Sammlungen verfügte.
Kern, TheodorTheodor Kern11614072018361873Kern, Theodor (1836–1873) wurde am 5. Mai 1836 in Bruneck in Tirol im Kaisertum Österreich geboren und starb am 18. November 1873 in Veytaux am Genfer See. Theodor Kern stammte aus einer österreichisch-badischen Handwerker- und Beamtenfamilie. Er besuchte das Gymnasium in Innsbruck und studierte seit 1853 zunächst Jura, später Geschichte und Philologie in Innsbruck, Göttingen, Heidelberg und München. Julius Ficker in Innsbruck, Georg Waitz in Göttingen, Ludwig Häusser in Heidelberg sowie Heinrich Sybel in München waren seine akademischen Lehrer. Das Staatsexamen für das Höhere Lehramt hatte er 1857 „mit glänzendem Erfolg“ absolviert. Promoviert worden war er als Schüler Ludwig Häussers im darauffolgenden Jahr 1858 in Heidelberg. 1863 habilitierte er sich über die „Chronik der Stadt Nürnberg vom 14. bis in’s 16. Jahrhundert“ und wurde im selben Jahr Privatdozent. Er war seit 1859 erster wissenschaftlicher Mitarbeiter Karl Hegels beim Editionsunternehmen „Die Chroniken der deutschen Städte“, für das er viele Forschungsreisen unternahm. Mit seiner sehr ordentlichen Arbeitsweise war Karl Hegel als Editionsleiter sehr zufrieden. Ab 1866 war Theodor Kern außerordentlicher, 1871 ordentlicher Professor der Geschichte an der Universität Freiburg im Breisgau, wo er einen historischen Verein gründete und die „Zeitschrift für Geschichte des Breisgaus“ herausgab. Auch noch in dieser Zeit blieb er dem Editionsprojekt der „Chroniken der deutschen Städte“ als Mitarbeiter auf Honorarbasis verbunden. 1873 starb der sehr begabte junge Historiker an den Folgen einer schweren Erkrankung.
Doctor, DoktorDoktor als höchster akademischer Grad und Bezeichnung für jemanden, der einen Doktor-Titel trägt.
Codex, CodicesKodex, aus dem Lateinischen stammend, Plural Codices, in Bezug auf das Mittelalter bezogen auf eine Sammlung von Handschrift(en), welche zwischen Holzdeckeln zu einer Art Buch zusammengefügt sind; im übertragenen Sinne auch Bezeichnung für eine Sammlung geschriebener oder auch ungeschriebener Verhaltensregeln innerhalb einer Gesellschaft, Menschengruppe, eines Standes etc.
Kaiserburg (Nürnberg)Zwischen 1170 und 1180 vollendete Burg im Norden Nürnbergs oberhalb von St. Sebald.
KaiserEines der ältesten germanisch-deutschen Lehnwörter aus dem Lateinischen von „Caesar“ als Beherrscher des römischen Reiches, Träger der höchsten weltlichen Macht; mit Ende des antiken Kaisertums in der westlichen Reichshälfte 476 n. Chr. (im oströmisch-byzantinischen Reich noch bis 1453 bestehend) ging das weströmische Kaisertum zunächst verloren, bis es durch die päpstliche Krönung Karls des Großen im Jahr 800 in erneuerter Form als abendländisches Kaisertum wieder errichtet wurde.
Merkel'sche BibliothekDie „Bibliothek der Paul Wolfgang Merkelschen Familienstiftung“ ist eine umfangreiche und wertvolle Privatbibliothek zu Nürnberg, die sich seit 1875 als Depositum in der Bibliothek des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg befindet; zurück geht sie auf den Nürnberger Patrizier Paul Carl Welser von Neunhof (1722-1788), 1805 erwarb der Kaufmann Paul Wolfgang Merkel (1756-1820) diejenigen Bestände über Nürnberg daraus, während die übrigen Bücher der Welserschen Sammlung bereits von Nachfahren anderweitig verkauft worden waren; diese ‚Norica-Bibliothek’ bezeichnete Karl Hegel (1813-1901) als „Merkel’sche Bibliothek“.
Merkel, Familie (Nürnberg)Die Familie Merkel war eine Nürnberger Kaufmannsfamilie, die ursprünglich aus dem Fichtelgebirge stammte, seit 1643 in Nürnberg ansässig war und zu einer bedeutenden, wohlhabenden und einflussreichen Nürnberger Ratsfamilie avancierte, deren Familienangehörige im weiteren Verlauf der Geschichte wichtige Ämter in Verwaltung, Politik, Medizin, Wissenschaft und Forschung bekleideten. Bedeutendster Vertreter der Merkelschen Familie ist Paul Wolfgang Merkel (1756-1820) als eine der exponiertesten Persönlichkeit der bürgerlichen Reformbewegung in der Endzeit der Reichstadt Nürnberg und dem Beginn der bayerischen Zeit, der auch über wertvolle Sammlungen verfügte, deren gemeinschaftlicher Besitz durch die Gründung der Merkelschen Familienstiftung im Jahr 1858 erhalten wurde; seit 1874 befindet sich der wesentliche Teil der Sammlung im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg als Leihgabe, wie z. B. auch die von Karl Hegel (1813-1901) so bezeichnete „Merkel’sche Bibliothek“ in Form ihrer Sammlung zu Nürnberg, wohingegen sich das Familienarchiv seit 1960 im Stadtarchiv Nürnberg befindet.
ParthiePartie, Kurzreise, Ausflug zumeist mehrerer Menschen im Sinne von Gruppenausflug; auch im übertragenen Sinne gebraucht als „keine leichte Parthie“ im Sinne eines schwer durch- bzw. auszuführenden Vorhabens; Teil eines größeren Ganzen, z. B. eines literarischen oder wissenschaftlichen Werkes.
Chronik(en), Chroniken der deutschen Städte (Städtechroniken), chronikalische DenkmälerEdition „Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“, von 1862 bis 1899 hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften durch Karl Hegel (1813-1901); auch allgemein: auf die Antike zurückgehende geschichtliche Darstellung, in der die Ereignisse in zeitlich genauer Reihenfolge, dabei aber, im Gegensatz zu den formal strengeren Annalen, in größeren Zeitabschnitten aufgezeichnet werden, auch im Sinne von: Lebensläufen.
Stadtchroniken, Städtechroniken, auch: ChronikenIm Rahmen von Stadtgeschichtsschreibung und -forschung geschriebene, teilweise auch edierte Chroniken von Städten. Karl Hegel (1813-1901) gab im Rahmen seiner Leitung des umfangreichen wissenschaftlichen Editionsunternehmens für die Münchener Historische Kommission „Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“ – angefangen mit seiner Geburtsstadt Nürnberg – solche Städtechroniken heraus.