Sie haben mich sehr erfreut durch Ihr gütiges Schreiben vom 23. dieses Monats1 welches unmittelbar nach Abgang meines zweiten Briefes2 hier eintraf, und ich sage Ihnen meinen besten Dank für die Adressen nach Ulm. Ich habe mich in Folge dessen entschlossen, lieber sogleich von Augsburg aus über Ulm nach Stuttgart zu kommen, wo ich sicher bin Sie bis zur Mitte August zu treffen. Ich gehe morgen3 nach Augsburg ab, wo ich (in den drei Wochen) bis zum 6. August bleiben werde. Am 7 und 8. Morgens will ich in Ulm verweilen und hoffe am Montag 8. Nachmittags oder Abends (ich weiß nicht wie die Züge gehen) in Stuttgart einzutreffen.
Da ich nicht bloß gewöhnliches Gepäck, sondern auch ein anderes liebenswürdiges Hinderniß – meine liebe Frau nämlich – nach Stuttgart mitbringen will, so darf ich Ihre so gütig angebotene Gastfreundschaft, für die ich Ihnen den herzlichsten Dank weiß, durchaus nicht annehmen, wünsche aber um unsern Verkehr zu erleichtern, wo möglich in Ihrer Nähe zu wohnen und bitte Sie nur mich in ein paar Zeilen (nach Augsburg, 3 Wochen) wissen zu lassen, wo ich in Ihrer und der Bibliothek Nähe mich am besten einlogieren würde – etwa in dem Hotel garni bei Starker am Schillerplatz, das nach dem Plan der Stadt zu urtheilen angenehm gelegen sein muß, oder wo sonst? – ich denke, daß ich in Stuttgart etwa eine Woche lang Posten fassen würde, um von diesem Standort aus die in der Nähe liegenden Städte aufzusuchen, nachdem ich mich zuerst auf Ihrer Bibliothek werde umgesehen haben. | Meine Frau kann, wenn ich sie nicht bei diesen Ausflügen mitnehme, bei ihrer Freundin MadameRoser geb. Neumann aus Nürnberg sein.4 –
Herzlich freue mich darauf Sie wiederzusehen und unser gemeinsames Unternehmen5 mit Ihnen durchzusprechen.
Hochachtungsvollst und freundschaftlichst der Ihrige Carl Hegel.
1Bislang noch nicht aufgefunden. 2Bislang noch nicht aufgefunden. 3Montag, 1. August 1859. 4Zu Karl Hegels Hegels (1813-1901) hier beschriebener Reise vgl. Neuhaus, Karl Hegels Gedenkbuch, S. 180-182.5Der hier vorliegende Brief behandelt den Auftakt zu dem großen Forschungs- und Editionsvorhaben Karl Hegels über die „Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“ im Auftrag der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München mit den ersten Recherchen von Seiten des Editionsleiters auch hinsichtlich Methodik, Konzeption und erste Überlegungen sowie Vorarbeiten zur konkreten Umsetzung des Vorhabens, vgl. hierzu auch einführend Kreis, Geschichtswissenschaftliche Bedeutung, insbesondere S. 165 ff.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Stälin, Christoph FriedrichChristoph Friedrich Stälin
HiKo
11720279718051873Stälin, Christoph Friedrich (1805–1873), in Calw geborener Bibliothekar und Historiker, der von 1821 bis 1825 an den Universitäten Tübingen und Heidelberg Philosophie, Theologie und Philologie studierte und danach in den Dienst der Königlichen Öffentlichen Bibliothek in Stuttgart eintrat, deren Direktor er 1869 wurde. Im Jahre 1858 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
LB Stuttgart
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LB Stuttgart1000
Neuhaus
, Helmut (Hg.): Karl Hegels Gedenkbuch. Lebenschronik eines Gelehrten des 19. Jahrhunderts, Köln, Weimar, Wien 2013.
Neuhaus
, Karl Hegels Gedenkbuch
2013
Kreis
, Marion: Karl Hegel. Geschichtswissenschaftliche Bedeutung und wissenschaftsgeschichtlicher Standort (= Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 84), Göttingen, Bristol, CT, USA 2012.
Kreis
, Geschichtswissenschaftliche Bedeutung
2012
Ulm48.3974003,9.9934336Etwa 100 Kilometer nordöstlich von Friedrichshafen am Bodensee gelegene ehemalige Reichsstadt an der Donau, die vier Jahre nach dem Ende des Heiligen Römischen Reiches 1806 vom Königreich Bayern an das Königreich Württemberg kam.
Augsburg48.3668041,10.8986971Auf römische Zeit zurückgehende alte Reichsstadt des Heiligen Römischen Reiches und Bischofsstadt am Lech, etwa 65 Kilometer nordwestlich von München gelegen und seit 1806 zum Königreich Bayern gehörig.
Stuttgart, auch: Stuttgard48.7784485,9.1800132Am Neckar gelegene Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Württemberg.
Nürnberg49.453872,11.077298In Franken an der Pegnitz gelegene ehemalige Reichsstadt, seit 1806 Stadt des Königreichs Bayern.
Königliche Öffentliche Bibliothek zu Stuttgart1765 gegründet als Herzogliche Öffentliche Bibliothek, seit 1803 Kurfürstliche Öffentliche Bibliothek, 1806 schließlich in Königliche Öffentliche Bibliothek umbenannt; in Folge kam es durch weitere politische Veränderungen zu erneuten Umbenennungen: seit 1901 in Königliche Landesbibliothek und zuletzt seit 1921 in Württembergische Landesbibliothek.
Hotel garniPension bzw. einfaches Hotel zumeist unter privater Führung und eher weniger Zimmern, welches zumeist nur Beherbergung, Frühstück, Getränke und maximal kleine Speisen anbietet ohne den klassischen hoteleigenen Restaurantbetrieb; der Begriff stammt aus dem Französischen und beschreibt ursprünglich eine mit Mobiliar ausgestattete Herberge.
Schillerplatz (Stuttgart)Im Zentrum Stuttgarts gelegener Platz südlich des (neuen) Schlossplatzes, vormals selbst „Schloßplatz heißend, mit Siedlungsspuren, die bis auf das 7./8. Jahrhundert n. Chr. zurückgehen.
MadameTitelähnliche weibliche Anrede aus dem Französischen, auch Anrede für Frau im Allgemeinen, Abkürzung: Mme.
Mehrere Registerverweise
Zitierempfehlung
Die wissenschaftliche Korrespondenz des Historikers Karl Hegel (1813-1901), bearbeitet von Helmut Neuhaus und Marion Kreis