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Karl Hegel an Johann Sigmund Karl Tucher, Rostock, 8. Juni 1856

Lieber Vater,

für Deine und der lieben Mutter herzlichen Glückwünsche zu meinem Geburtstage2 sage ich Euch meinen innigsten und tief gerührten Dank. Möge der gütige Gott die für mein ganzes Haus so wichtigen bevorstehenden Ereignisse glücklich hinausführen und uns unter Seinem gnädigen Schutz wohlbehalten im Herbst zu Euch und in unsere neue Heimat hinüberbringen, und mir weiter die Kraft zur Ausfüllung meines neuen Berufs verleihen! – Mit Sehnsucht sehen wir nun zunächst der Ankunft unsrer lieben Helferinnen entgegen, welche uns bis zum 25. dieses Monats zugesagt ist. Zwar befindet sich meine liebe Susi recht wohl im Ganzen, aber ihre Schwerfälligkeit3 nimmt doch immer mehr zu, und somit auch der Wunsch nach Erleichterung und Hülfe. Doch haben wir gestern Nachmittag noch eine Parthie zu Wagen und zu Wasser ausführen können nach der Fähre jenseits des Flusses, wohin wir die beiden älteren Kinder mitnahmen und woselbst wir mit mehreren Freunden zusammentrafen und einige Stunden im Freien verweilten. Meine kurze Tour nach Rügen und Greifswald in den ersten Tagen nach Pfingsten4 war im Ganzen durch freundliches Wetter begünstigt und ist mir recht gut bekommen: nur das Eine mußte ich schmerzlich vermissen, daß meine gute Frau mich nicht dorthin begleiten konnte.

Das Geld, nämlich 1035 rt., welche Manuel für mich in Berlin erhoben hat, wird Dir nun wohl endlich zugekommen sein: er hat es erst später erhalten, als ihm zugesagt worden, und so ist ohne seine und meine Schuld die Verzögerung entstanden, die ich gütigst zu entschuldigen bitte. Schreibe mir nun, lieber Vater, wie viel ich Dir noch zu senden habe, um das für mich angekaufte Papier5 vollends zu decken; ich habe hier noch übriges Geld liegen und werde bald noch mehr durch Kündigung frei machen. – Für das treffliche Bier wiederholen wir unsern herzlichen Dank; es gereicht besonders Susi sehr zur Stärkung und ist ihr sogar zum Bedürfnis geworden. Die beiden Fässer hoffe ich hier los zu werden und bitte ich Dich sie mir dort in Rechnung zu setzen. – Wegen der neuen Einrichtungen auf unsere Kosten in der Erlanger Wohnung6 wünschen wir noch die liebe Mutter selbst erst zu sprechen, bevor wir uns darüber entschließen. Die Wahl der Tapeten in den beiden Wohnzimmern betreffend, so werden helle, vornehmlich hellgraue, der unbestimmt gehaltenen Tapeten, durchweg zu den Meubeln passen, nur um Himmels willen keine grüne Tapete – es gibt jetzo selten eine ohne Arsenik und man hat die schlimmsten Erfahrungen damit gemacht. – Um bei der von uns gewünschten Erklärung ganz sicher zu gehen, damit sie in der Form genügend befunden werde, und damit ich das akademische Gericht, dem ich selbst als Rector vorsitze7 – natürlich habe ich, wenn es sich um meine eigenen Sachen handelt, den Vorsitz abzutreten – nicht etwa zwei Mal zu bemühen brauche, lege ich einen von mir aufgesetzten Entwurf derselben bei, so wie ich glaube, daß er der Absicht entspricht, mit der Bitte, denselben gefälligst prüfen zu lassen, ob er sich in der Form und Sache zutreffend erscheine: nach hierauf erhaltener Antwort werde ich nicht säumen die gerichtliche Ausfertigung zu übersenden.

Mit den herzlichsten Grüßen an die lieben Großeltern, und die Geschwister, insbesondere die liebe glückliche Braut.8

Dein Sohn Karl.