XML PDF

Maria Magdalena Tucher, geb. Grundherr, an Karl Hegel, Reichenhall, 2. September 1863

Da Du lieber Carl den Tag unseres Weggehens, aus uns sehr erfreulichen Gründen, zu wissen wünschßt, so theile ich Dir hier mit, daß wir unsre Abreise für Donnerstag den 10ten September festgesetzt haben, wo wir morgens nach Salzburg gehen werden, von da directe am Freitag nach Linz am Sonnabend Aufenthalt im Linz und Sontag über Straubing nach Tunzenberg Menkhofen Regensburg dem lieben Nürnberg zu, villeicht treffen wir – da wir wohl nicht vor heute über 14 Tage nach Hause kommen, Deine und unsre Lieben schon im Garten, villeicht auch nicht, den so befridigend nach unsrer lieben Susanna Berichten, die Genesung fortschreittet, so viel ist doch noch zu erreichen, bevor die Übersiedlung ohne Nachtheil vorgenommen werden kann, doch wollen wir darüber nicht uns wundern, sondern uns nur aufs neue zum lauten Dank verpflichtet fühlen, daß der Herr nach so schwerer Krankheit die Lieben doch alle erhalten hat, mit welcher Freude werden wir sie sicher der Herr alles in Gnaden weiter – sicher umarmen. Daß Du uns durch Hallers Mittheilung1 von den lieben Deinigen gemacht, war uns sehr erfreulich, den ich habe seit dem letzten Dir bekannten Brief nichts direct mehr von unsrer gewiß sehr in Anspruch genommenen Susanna gehört, wie werden sich die Kinder auch auf Dich freuen. –

Bei uns geht Gottlob alles gut, Papas Fuß macht die erfreulichsten Fortschritte, so daß wir am Montag eine herrliche Parthie auf die Stoßen-Alp sehr gelungen durchführen konnten, ob von der Allgemeinheit noch eine größre Parthie ausgeführt wird, ist zu bezweifeln, aber im Interesse von 2 Rüstigen Luise und Fridrich mögte ich Dich bitten lieber Carl uns rechtzeitig mitzutheilen, wie Du vorhast dießmal Deine Wanderung hieher zu machen, gehst Du villeicht und willst 2 Tage drauf wandern nehmlich in der Ramsau übernachten oder am Hintersee, was viel lohnender ist, da man diesen, der herrlichen Spiglung wegen, des Abends besuchen muß, und wir erfahren es rechtzeitig, so würden sich beide gern auf den Weg machen um unterwegs mit Dir zusammen zu treffen wo und wan Du es bestimmst, am liebsten kommen auch sie an den Hintersee – doch dürftest Du Dich wegen dieser Mittheilung in keiner Art von Deinem Plan ablenken lassen, so wie auch sie ungebunden wären, da besonders in dermaliger Zeit im Gebirg auch die Ansichten Befürchtungen und Hoffnungen wegen des Wetters sehr verschieden sein können, daher theil uns nur mit wie Du es ganz ohne Nebenrücksichten vorhast und den auf Geradewohl ob man sich zusammen findet oder nicht, hier sehen wir Dich dan jedenfalls und freut sich alles recht herzlich drauf.

Die lieben Eltern Crailsheim sind heute direct nach Nürnberg abgereißt, es wird daher bald bei unserm jungen Paar stille werden, gut daß sie zum Trost ihrTöchterlein haben, was Gottlob recht wohl ist, sonst würde es Sophie schon schwer werden.

Nebst herzlichem Gruß an die liebe familie von Stetten, die wir gern in Berchtesgaden gesehen hätten, die Kunde daß das bewußte braune Cravattchen Tante Thekla gehört, die der lieben Finderin hiermit aufs Beste danken läßt; und eine ähnliche Bitte ergeht an Dich lieber Carl von Vetter Siegmund Haller der auf dem Spazirgang, wahrscheinlicher als im Gasthaus, eine mit blau und gold gestickte Cigarrentasche verloren hat, solltest Du davon hören – bei uns in Reichenhall wird alles Gefundene der Fremdenliste beigedruckt – so wirst Du sie in Empfang nehmen, da die und der Eigenthümer bekannt ist, doch ich zweifle ob sie zum Vorschein kommt.

Und nun genug für dießmal lieber Carl, es ist ja auch wohl die Zeit Deiner Rückkehr zimmlich nahe, doch über all das mündlich, hoffentlich fühlst Du Dich fort und fort immer mehr gestärkt und gekräftigt und trägst nach so schwerer Zeit manche schöne Erinnerung und gewiß den Wunsch mit nach Hause, so Gott will dieß oder ähnlich Schönes mit Deiner lieben Susanna zu sehen, wen es für sie einmal an der Zeit ist, heuer hat der liebe Gott ihr einen andern Platz angewiesen und sie auch darauf durch Seine Kraft gestärkt und erhalten: Von Vater und all unsern Lieben viel Schönes an Dich mit dem Wunsch Dich recht bald hier zu begrüßen, in steter Treue

Mutter Maria.

P. S. Da die Übernachtung am Hintersee sehr mangelhaft ist, so will Luise Dich noch drauf aufmerksam machen, ob es nicht besser doch in der Ramsau wäre und nur der Abendbesuch am Hintersee – bestimme Dich in jeder Art ganz ohne Rücksichtnahme.  –