Eben verließ mich Susette um mit noch mehr getheiltem Herzen, als sie es seit Deiner Abreise mein lieber Karl zwischen hier und Rostock hatte, zu Luise Schwarz die sich diesen Abend von ihr erbeten hatte zu eilen, denn eben vor ihrem Weggehen erhielt sie Deinen letzten Brief, der sie, da sie erst gestern einen lieben Vorläufer erhalten hatte1 überraschte und durch seinen Inhalt bewegt erfreut und erschüttert hat. –
Besorge nicht lieberKarl daß diese Zeilen den Zweck haben sollen Dir Vorschläge und Bitten um Verlängerung von Susettes Aufenthalt bei uns ans Herz zu legen, nein sie sollen Dir nur ganz einfach darlegen, wie es ebenso begreiflich und billig von unserer und Susettens Seite ist, nun sie gegen Dich den Wunsch ausspricht, des lieben Vaters Rückkehr nach hier abzuwarten, als ich es von Deiner Seite ganz begreiflich find, wenn Du Tag und Stunden zählst, bis die kommt die Dich mit den Geliebten wiedervereinigen soll.
Der verschiedene Standpunkt, von welchem aus wir hier, und Du in Rostock, Aufenthalt und Abreise Deines lieben Frauchens angesehen, rührt wohl nur davon her, daß wohl immer von einem 6wöchigen Aufenthalt in Nürnberg die Rede war, ohne noch einen bestimmteren Termin zu besprechen, was wohl vor allem Susette, die ihren Karl als Mann von Wort kennt, hätte thun sollen, denn wär das geschehen und gleich ein Tag zur Ab- reise festgesetzt worden, so würde gewiß Susette ihn eingehalten haben, wo sie so, besonders mir gegen über, da mir von dem 6wöchigen Aufenthalt eben nur 4 Wochen blieben, nicht zu viel zu thun und gegen Deinen Wunsch zu handeln meinte, wan sie mir für die 14 Tage 8 in München und 8 in Henfenfeld, erstere nach Deinem Wunsch, letztere mit Deiner vollen Zustimmung, noch die 4 Tage von Montag bis Donnerstag schenken wollte. Es war dieß von unserer Seite kein langes Besprechen oder Hin und Herreden sondern Susette bestimmte sich den Donnerstag in aller Unbefangenheit weil sie Deiner Zustimmung gewiß zu sein meinte, und wagte nach allerdings nur durch die unvorhergesehene Reise des lieben Vaters dazu vermogt, an Dich die Anfrage, ob Du aus diesem Grund ihr noch den Termin bis Montag geben wollest; so einfach wie die ganze Sache liegt, in dem ganz sichern Gefühl von Susettchens Seite, wie sehr sie sich wieder in die durch Dich ihr liebgewordenen Verhältniße sehnt, und wie ihr das Scheiden aus der Heimath erleichtert, so wie von unsrer Seite, die Erfüllung des uns und Euch gegebenen Versprechens, Susette nicht über den festgesetzten Termin zurück halten oder ihr die Abreise erschweren zu wollen, sah ich Deinem nächsten Briefchen mit vollkommener Ruhe entgegen, und war über den Inhalt besonders deßhalb erstaunt, weil ich mir dachte Du solltest uns doch kennen, und deßhalb nicht zutrauen, wie es fast aus Deinem Brief zu entnehmen ist, als wenn jedes, auch oft nur herbei geführte Ereigniß, werde die Veranlassung zu neuen Zögerungen werden könnte.
Doch denke nicht lieber Karl daß ich mich nicht in Deine einsame Lage, in welcher Dir trotz aller Zerstreuung doch die Liebsten fehlen, denken kann, wir wollen und sollen uns ja nur darüber freuen wenn Ihr Euch fast unentbehrlich geworden seyd; und so wird Susettchen, da es Montags nicht mehr thunlich, doch wohl am Donnerstag von hier abreisen, deßhalb schon morgen früh an den lieben Vater, der dan am Freitag wieder kommt, Abschied nehmen müßen. Der Herr wolle sie mit dem holden süßen Annchen recht glücklich in Deine Arme führen, und wie bisher schützend über ihr und Euch Ihr lieben Kinder wachen.
Der liebe Vater grüßt nebst den Geschwistern Dich freundlichst, o wie werden alle unser süßes Kindchen vermißen, und wie einsam wird es uns vorkommen, doch wir müßen uns bescheiden und Gott danken, daß Er uns durch dieß Wiedersehen so reiche Freude gewährt hat. Nun gute Nacht lieber Karl, der Brief soll morgen zeitig weg, ich schreibe in später Stunde in