XML PDF

Karl Hegel an den Rektor der Universität Rostock, Reichenhall, 1. Juni 1899

Magnifice!

Hoch erfreut wurde ich durch die überraschende Ankunft einer Gratulation der Universität Rostock zu dem Erlebnis, daß ich vor fünfzig Jahren zum ordentlichen Professor an ihr ernannt wurde.1 Um so mehr als ich dessen selbst nicht gedachte, empfinde ich mit innigem Dankgefühl die hohe Ehre, die mir durch Rektor und Concil der Universität widerfahren ist. Fünfzehn Jahre, 1841–1856, gehörte ich ihr an; 1846 und 1847 erschien mein Erstlingswerk, die Geschichte der italienischen Städteverfassung2, 1848 und 1849 gründete und leitete ich die Schweriner Zeitung3 und bekämpfte die wüste mecklenburgische Demokratie. Die schönste Zeit meiner Jugend verbrachte ich in Rostock, mit Mecklenburg fühlte ich mich völlig verwachsen. Längst verschwunden ist diese Vergangenheit. Fast alle meine Collegen und Freunde von damals sind dahingegangen, die meisten waren vorher an andere Orte berufen, nur mein College Thierfelder ist noch da und steht in hochverdienter Ehre; ich grüße ihn und danke ihm, daß er meiner gedacht hat. Wie viel freundliche Erinnerungen an lebensfrohe Tage knüpfen sich für mich an Rostock!

Mit Wehmut gedenke ich meiner abgeschiedenen Freunde Thöl und Wunderlich und Kierulff, Röper und Stannius! Erneut hat sich die Universität in ihnen 4, gehoben zu größerem Ansehen und weiterem Wirkungskreis, verdreifacht die Zahl der Studierenden. Floreat, cresceat Academia Rostochiensis rufe ich Ihnen zu mit dankerfülltem Herzen, bevor ich von dem schönen Lichte dieser Welt abscheide.

Ich erhielt das schöne und so sinn- wie ehrenvoll abgefaßte Diplom verspätet, weil ich bei seiner Ankunft von Erlangen abgereist war, um eine leidende Tochter hierher nach Reichenhall zu bringen.5 Entschuldigen Sie daher meine verspätete Antwort.

Mit vorzüglicher Hochachtung ergebenst
Geheimrat und Professor Karl von Hegel.