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Georg Weber an Karl Hegel, Heidelberg, 8. Juli 1886

Lieber verehrter Herr und Freund!

Es hat mir und meiner Frau große Freude gemacht, daß Sie unser noch freundlich gedenken. Die mir zugesandten 20 Mark für die Jubiläums-Stiftung der Heidelberger Universität1 habe ich an das Central-Comité in 2 abgehen lassen. Der Erfolg unseres Aufrufs hat sich bis jetzt schon günstig angelassen. Die eingegangene Summe beträgt bereits 20.000 Taler und wird ohne Zweifel noch höher steigen.

3 Köster, der im vorigen Jahre mit Ihnen in Engelberg zusammentraf4, hat mir mitgetheilt, daß Sie sehr günstig über meine Heidelberger Erinnerungen5 geurtheit haben. Das hat mir sehr wohlgethan; ist es doch das Urtheil eines Freundes, der einen großen Theil der hervorragenden Persönlichkeiten gleich mir selbst durch längeren Umgang genau gekannt hat. Es war ein Rückblick auf vergangene schöne Jahre, der mir bei dem Niederschreiben viele erhebende Eindrücke hervorgerufen hat. Vielleicht ist etwas von der Herzenswärme in die Darstellung gedrungen. Wenigstens habe ich viele Beweise von Theilnahme erfahren, die mich zu großem Dank an die Spender anregten. Als ich die Erinnerungen mir erschrieb war ich noch frischen Muthes und gehobenen Sinnes. Seitdem haben sich die Anfänge des grauen Staares bei mir eingestellt, die langsam wachsend mir jetzt alles Lesen unmöglich machen. Ich sehe mich daher genöthigt, einen Vorleser zu halten, ein dürftiger Nothbehelf für einen an Studien und Arbeiten gewohnten Mann.

Ohne Zweifel werden auch Sie die alte Musenstadt während der Jubiläumswoche besuchen. Da hoffe ich dann, daß der Festtrouble nicht so überwältigend sein wird, daß er uns ein herzliches Wiedersehen und die persönliche Begrüßung stört.

Mit alter freundschaftlicher Ergebenheit
Ganz der Ihrige
Dr. Georg Weber.