Dank, vielen Dank für Deinen lieben Brief1. Ich war ganz überrascht von Deiner Güte mir einen so langen Brief zu schreiben und noch gar am Sylvesterabend. Du wirst aus meinen Briefen2 an Euch gehört haben, daß ich, wenn auch manchmal von etwas Heimweh gequält, doch im Ganzen hier recht glücklich bin. Und ich habe auch Grund dazu, denn Herr und Frau Bagge vertreten wirklich Elternstelle an uns und thun so viel als möglich, daß wir vergessen, daß wir nicht zu Hause sind. Aber wir lieben auch beide mit kindlicher Anhänglichkeit. Die Stunden von Herrn Bagge sind sehr hübsch, selbst die deutsche Sprachkunde die ich sonst nicht mochte, habe ich jetzt gerne. Gestern habe ich aus Mamas Brief3 er- fahren daß ich an Ostern4 nicht zu Euch kommen soll. Obwohl es mir schwer wird, will ich mir doch Mühe geben, vernünftig zu sein und im Herbste dann, wie Tante Lina schrieb, als ein thatkräftiges Kind in die Heimath zurückkehren. Gehst Du an Ostern wieder nach Straßburg und kannst Du dann nicht einen kleinen Umweg machen und mich einmal überraschen. Ach wie glücklich würdest Du mich machen. – Herr Bagge behauptet ich habe schon dickere Backen als am Anfang aber es ist auch begreiflich denn wir rennen jeden Tag eine Stunde spazieren und ich drinke auch täglich meinen Schoppen Bier, zwar kein bairisch aber gut Friederichsdorfer Bier. Ich schreibe Dir daß weil ich weiß daß Dich das Erstere besonders freut. Geht Ihr jetzt auch manchmal sparzieren? Von Mama hörte ich daß der Kleine Dich und Du den Kleinen so ganz besonders in’s Herz geschlossen hast. Wie niedlich muß er sein und wie freue ich mich wenn ich ihn wiedersehe das kleine süße Purzelchen. Was machen denn Deine beiden andern Söhne? Wahrscheinlich beide sehr mit Studieren beschäftigt. Doch ich muß schließen. Ich umarme Dich in herzlicher Liebe.