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Karl Hegel an Julius Ficker, Erlangen, 22. Mai 1868

Verehrter Herr College!

Es liegt mir viel daran, die Böhmer’sche Handschrift von Hagen’s Cölnischer Reimchronik einzusehen und zu benutzen, und sie zu diesem Zweck hierher nach Erlangen zu bekommen. Da ich zuerst nicht wußte, wohin ich mich deßhalb wenden sollte, schrieb ich an Freund Stälin und bat ihn zugleich um seine Verwendung. Er nun antwortete darauf, daß er die Handschrift in Innsbruck vermuthe, und schickte das beifolgende mit. Wenn ich nicht in dem Zuthuen mich befunden hätte, daß der Böhmer’sche Nachlaß der Hauptsache nach in Frankfurt zurückgeblieben sei, würde ich mich auch ohne anderweitige Empfehlung direct an Sie gewendet haben, in Erinnerung an die freundliche Begegnung, die ich vor einigen Jahren mit Ihnen bei Pertz in Berlin hatte. Um so gewisser darf ich nun wohl auch auf Ihre Güte rechnen, wenn ich meinen oben ausgesprochenen Wunsch als Bitte an Sie bringe. Seien Sie versichert, daß ich die Handschrift wohl in Acht nehmen und längstens nach acht Wochen wieder zurückschicken werde.

Wird der 4. Band von Böhmer’s Fontes bald zu haben sein? Wie weit sind die Regesten Carl’s IV fortgeschritten? Ich bin gegenwärtig noch mit den Straßburger Chroniken1 beschäftigt. Ein Band Braunschweig2 ist beinahe fertig und der Druck der Magdeburger Schöffenchronik3 hat begonnen.4 Böhmers Leben und Briefe lese ich mit vielem Antheil, wenn auch meiner nicht günstig gedacht ist; ich begreife die ungünstige Aufnahme meiner Recension über Arnold’s Buch bei der Freundschaft, welche Böhmer für letzteren hatte, und außerdem hatte ich das Unglück, zu den Berlinern zu gehören! ‚Eingebildet’ war ich aber sicherlich lange nicht so sehr, wie Arnold, der zu seinem Buche gleichwie der Entdecker einer neuen Welt auftrat.

Ihre gründlichen Arbeiten und Studien zur deutschen und italienischen Rechtsgeschichte folge ich von weitem mit höchster Anerkennung.

In aufrichtiger Hochachtung
Carl Hegel.