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Julius Wilhelm Planck an Karl Hegel, Kiel, 5. März 1853

Ich muß zunächst um Entschuldigung bitten, lieber Hegel, wenn ich erst heute Ihren Brief1 beantworte. Was ich über die fragliche Angelegenheit in Erfahrung bringen konnte, ist aber leider nur wenig. Daß wir hier bis in die letzte Zeit hinein hofften, Ihre Berufung werde noch Statt finden, ist richtig, und hatte seinen Grund darin, daß die von der Facultät erforderlichen Besetzungsvorschlägen2 bis dahin weder abgelehnt, wie in einem andern Fall geschehen, noch angenommen waren, überhaupt aber bestimmt war, daß über die Wiederausfüllung der Lücken in Kopenhagen noch gar nichts definitives beschlossen sei.

Das ist nun seit Kurzem anders geworden, indem nicht nur unsere Berufungen wirklich vom Stapel gelaßen, sondern auch für die Besetzung der historischen Profeßur neue Vorschläge der Facultät verlangt worden sind. Diese stillschweigende Ablösung der früheren ist das einzige positive Factum, aus welchem hier geschloßen ist, daß man man in Kopenhagen Ihre Berufung nicht wolle. Ueber die Gründe hat hierher nichts verlautet; ich fürchte aber, daß die von Ihnen selbst angegebenen die wahren sind. Ich brauche nicht erst hinzuzufügen, daß dieser Ausgang sowohl mir als uns Allen sehr schmerzlich gewesen ist. Wenn die Facultät unverdings, und ct3 für überhaupt bereits Jemand vorgeschlagen, weiß ich nicht, ich glaube auch, sie weiß es selbst noch nicht.

Im Uebrigen aber scheint sich doch für unsere Universität ein neuer Hoffnungsschimmer aufzuthun, indem einige und zwar lobenswerthe Berufungen ausgegangen sind, ein Girtanner aus Jena (Pandektist), Götz aus Danzig (Kliniker), beide auf dem Vorschlag der betr. Facultäten, andere noch im Werke sind, denen ich von Herzen guten Fortgang wünsche. Die medizinische Facultät hat außerdem einen Dr. Paenen4, einen dänisch gesinnten Schleswiger subrogiert erhalten; den indeß seine künftigen Kollegen von der mißverständlichen Seite her loben. Ich denke, mit der andern wird er recht an sich halten müßen, wenn er überhaupt hier Profeßor sein will.

Was eben5 das Land betrifft, so sind ja allerdings viele neue Unbilden zu ertragen, von denen man gern den Blick abwendet. Aber die zerbrochenen Köpfe giebt es doch auch anderwärts, auch in Preußen und bei Ihnen. Dagegen ist hier immer auch das Gute, daß in allen Dingen, die nicht unmittelbar die politische Nachfrage berühren, die größte Freiheit gelaßen wird, und daß bei jener die größte Einigkeit der Meinung und des Wollens und Empfindens hervorsticht. Und so ist dem augenblicklich hervorstehenden System in der That meine Hoffnung gegeben, auf die Länge für das deutsche Werke zu unterdrücken. Darum halten wir so gut es geht den Kopf oben und trösten uns mit jenen preußischen Landreformen6 bei Biegenz7: Dat is noch nich unte!8

Schade, schade, daß Sie nicht bei uns sind!
Mit schönstem Gruß
Ihr
JWPlanck.

P. S. Götz’s Berufung bitte ich noch geheim zu halten.