Rostock, 9. Februar 1852.
Hochzuverehrender Herr Vice-Kanzler!
Nachdem ich gegen Ew. Hochwohlgeboren schon mündlich den Wunsch, mit einer Gehaltsverbesserung bedacht zu werden, ausgesprochen habe, erlaube ich mir noch mit Wenigem auseinander zu setzen, welchen Anspruch, nicht des Rechts, wohl aber der Billigkeit, ich darauf zu haben glaube.
- 1) Als ich im September des Jahres 1848 auf den Ruf seiner Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs und der hohen Landesregierung die bedenkliche und schwierige Aufgabe übernahm, eine neue Zeitung in dem von mir bisher schon öffentlich vertretenen Sinne des Rechts und der Ordnung und der Abwehr gegen umstürzende Tendenzen zu begründen, wurde mir zugleich die ordentliche Professur mit 1000 Thaler Courant Gehalt verliehen. Hatte ich zwar die Erwartung ausgesprochen, ein fast allen übrigen Professoren schon zugestandenes höheres Gehalt zu bekommen, so wollte ich doch darauf nicht weiter bestehen, theils um die Verlegenheiten der damaligen Regierung gegenüber derjenigen Partei, deren wüthenden Angriffen sie bloß gestellt war, nicht zu vermehren, theils weil ich als unverheiratheter Mann den Geldpunkt weniger zu berücksichtigen brauchte. Indessen durfte ich hoffen, daß der Dienst, | welchen ich einer hohen Regierung, so wie dem Lande, damals zu leisten im Stande war, auch unter veränderten Umständen unvergessen bleiben würde.
- 2) Im Allgemeinen ist schon seit längerer Zeit als normalmäßiges Gehalt einer ordentlichen Professur an hiesiger Universität der Satz von 1000 Thaler
N ⅔ angenommen worden, und es entspricht derselbe dem Bedürfniß insofern, als es für einen Professor mit Familie nicht wohl möglich ist, ohne Nebeneinnahmen mit Wenigerem standesmäßig auszukommen. Auch haben fast alle älteren ordentlichen Professoren – alle die keine anderweitigen Einkünfte aus einem Nebenamte beziehen – schon seit längerer Zeit ihr Gehalt bis zu dieser Summa erhöht bekommen, und die in den letzten Jahren von auswärts berufenen Professoren haben durchweg 1200 Thaler Courant fixum und mehr erhalten.
- 3) Von dem Zeitpunkt meiner Hierherberufung im Herbst 1841 bis zum Sommer 1848 habe ich als außerordentlicher Professor nur ein Gehalt von 400 Thaler N ⅔ bezogen und mußte ich jährlich mindestens halb so viel aus meinem Vermögen zusetzen. Darauf wurde mir im Jahre 1848 durch die Gnade des Großherzogs zuerst eine Gehaltserhöhung bis zu 800 Thaler Courant, dann bis zu 1000 Thaler Courant zugleich mit der ordentlichen Professur, in Anerkennung meiner schriftstellerischen Leistungen, bewilligt; aber ich muß auch jetzt wieder, seitdem ich verheirathet bin, beträchtlich von dem Meinigen zusetzen – so lange als ich | noch etwas zuzusetzen habe.
- 4) Wenn ich auch meine Wirksamkeit an der Universität nach den einmal hier gegebenen Verhältnissen nur gering und mein dem Lande in schwerer Zeit geleisteten Dienste nicht zu hoch anschlagen will, so dürfte, doch die erstere wenigstens nicht geringer sein als die von mehreren meiner Collegen, welche nach viel kürzerer Dienstzeit ein höheres Gehalt, als ich, erhielten; und was die letzteren anbetrifft, so würde es mir nicht wohl anstehen, mehr darüber zu sagen, als daß damals kein Anderer sich bereit gefunden hätte, in den von mir übernommenen schwierigen Posten einzutreten. Und ich brachte damals, um der hohen Regierung meine Dankbarkeit für Ihr unschätzbares Vertrauen zu beweisen und mich dem Lande in der Zeit der Noth nicht zu entziehen, noch ein anderes bedeutendes Opfer eigenen Interesses, indem ich sehr günstige Aussichten, die sich mir anderwärts eröffneten – wie ich denn ungefähr um dieselbe Zeit unter Anderem von der philosophischen Facultät in Leipzig primo loco zur Besetzung einer ordentlichen Professur vorgeschlagen wurde – gänzlich unberücksichtigt ließ. Wären sodann meine wissenschaftlichen Arbeiten nicht auf längere Zeit durch die übernommene Zeitungsredaction unterbrochen worden, so würde ich jetzt wahrscheinlich nicht genöthigt sein, eine Gehaltsverbesserung nachzusuchen. –
Mögen Ew. Hochwohlgeboren die vorstehenden Gesichtspunkte gütigst erwägen und bei nächster Feststellung des Universitäts-Etats die Erhöhung | meines Gehalts zur Ausgleichung mit der hierorts gangbaren Besoldung ordentlicher Professoren, aus den angegebenen Rücksichten der Billigkeit, geneigtest befürworten!
Mit vollkommener Verehrung Ew. Hochwohlgeboren
ganz gehorsamster
Professor Carl Hegel.
Rostock, 9. Februar 1852.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Both, Carl FriedrichUniversitätsvizekanzler Carl Friedrich Both11626738017891875Both, Carl Friedrich (1789–1875), in der mecklenburgischen Hansestadt Demmin geborener Jurist und Historiker, der nach seinem Geschichts- und Literaturstudium an der Universität Heidelberg und seinem Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Rostock in den Justiz- und Verwaltungsdienst des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin ging. Von 1820 bis 1848 war er Regierungsbevollmächtigter für die Universität Rostock, von 1836 bis 1870 ihr Vizekanzler.
Rostock54.0886707,12.1400211Hansestadt an der Ostseeküste des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin mit der 1419 gegründeten ältesten Universität im Ostseeraum.
Landeshauptarchiv (LHA) Schwerin: Mecklenburg-Schwerinsches Ministerium für Unterricht, Kunst, geistliche und Medizinalangelegenheiten (MfU)
.
LHA Schwerin
1000
Neuhaus
, Helmut: Karl Hegel in Mecklenburg von 1841 bis 1856, in: Mecklenburgische Jahrbücher 135 (2020), S. 221-246.
Neuhaus
, Karl Hegel in Mecklenburg, S. 221-246
2020
Neuhaus
, Helmut (Hg.): Die Brautbriefe Karl Hegels an Susanna Maria von Tucher. Aus der Verlobungszeit des Rostocker Geschichtsprofessors und der Nürnberger Patriziertochter 1849/50, (= Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte, Heft 87), Wien, Köln, Weimar 2018.
Neuhaus, Brautbriefe Karl Hegels an Susanna Maria von Tucher
2018
Neuhaus
, Helmut: Karl Hegel – Historiker im 19. Jahrhundert. Unter Mitarbeit von Katja Dotzler, Christoph Hübner, Thomas Joswiak, Marion Kreis, Bruno Kuntke, Jörg Sandreuther und Christian Schöffel (= Erlanger Studien zur Geschichte, Bd. 7/Katalog zur Ausstellung des Instituts für Geschichte der Universität Erlangen-Nürnberg vom 20. November bis 16. Dezember 2001), Erlangen, Jena 2001.
Karl Hegel – Historiker im 19. Jahrhundert
2001
Friedrich Franz II., Großherzog von Mecklenburg-Schwerin Großherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin13158849418231883Friedrich Franz II. (1823–1883), Großherzog von Mecklenburg-Schwerin von 1842 bis 1883, war der Sohn Großherzog Paul Friedrichs (1800–1842), seines Vorgängers im Amt, und Alexandrine von Preußens (1803–1892), einer Tochter des preußischen Königs Friedrich Wilhelms III. (1770–1840).
Leipzig51.3406321,12.3747329Am Zusammenfluß von Weißer Elster, Pleiße und Parthe gelegene Universitäts- und Messestadt in Sachsen.
Mecklenburgische ZeitungDie ab 2. Oktober 1848 erscheinende neugegründete Zeitung löste als formal unabhängiges, dem Schweriner Hof nahestehendes und von ihm mitfinanziertes Blatt die „Neue Schwerinsche politische Zeitung“ ab, die im Jahre 1811 an die Stelle der 1757 gegründeten „Schwerinischen Zeitung von den merkwürdigsten Staatsgeschichten“ getreten war. Karl Hegel (1813-1901) war bis zum 4. September 1849 ihr erster leitender Redakteur und hatte die Aufgabe, an jedem Werktag abends eine vierseitige Zeitung herauszubringen, zu der fast täglich eine Beilage mit weiteren Berichten vor allem über die Verfassungsberatungen im Schweriner Landtag gehörte.