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Karl Hegel an Rostocker Universitätsvizekanzler Carl Friedrich Both, Rostock, 9. Februar 1852

Hochzuverehrender Herr Vice-Kanzler!

Nachdem ich gegen Ew.2 Hochwohlgeboren schon mündlich den Wunsch, mit einer Gehaltsverbesserung bedacht zu werden, ausgesprochen habe, erlaube ich mir noch mit Wenigem auseinander zu setzen, welchen Anspruch, nicht des Rechts, wohl aber der Billigkeit, ich darauf zu haben glaube.

  • 1) Als ich im September des Jahres 1848 auf den Ruf seiner Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs und der hohen Landesregierung die bedenkliche und schwierige Aufgabe übernahm, eine neue Zeitung in dem von mir bisher schon öffentlich vertretenen Sinne des Rechts und der Ordnung und der Abwehr gegen umstürzende Tendenzen zu begründen, wurde mir zugleich die ordentliche Professur mit 1000 Thaler Courant3 Gehalt verliehen. Hatte ich zwar die Erwartung ausgesprochen, ein fast allen übrigen Professoren schon zugestandenes höheres Gehalt zu bekommen, so wollte ich doch darauf nicht weiter bestehen, theils um die Verlegenheiten der damaligen Regierung gegenüber derjenigen Partei, deren wüthenden Angriffen sie bloß gestellt war, nicht zu vermehren, theils weil ich als unverheiratheter Mann den Geldpunkt weniger zu berücksichtigen brauchte. Indessen durfte ich hoffen, daß der Dienst, welchen ich einer hohen Regierung, so wie dem Lande, damals zu leisten im Stande war, auch unter veränderten Umständen unvergessen bleiben würde.
  • 2) Im Allgemeinen ist schon seit längerer Zeit als normalmäßiges Gehalt einer ordentlichen Professur an hiesiger Universität der Satz von 1000 Thaler N ⅔ angenommen worden, und es entspricht derselbe dem Bedürfniß insofern, als es für einen Professor mit Familie nicht wohl möglich ist, ohne Nebeneinnahmen mit Wenigerem standesmäßig auszukommen. Auch haben fast alle älteren ordentlichen Professoren – alle die keine anderweitigen Einkünfte aus einem Nebenamte beziehen – schon seit längerer Zeit ihr Gehalt bis zu dieser Summa erhöht bekommen, und die in den letzten Jahren von auswärts berufenen Professoren haben durchweg 1200 Thaler Courant fixum und mehr erhalten.
  • 3) Von dem Zeitpunkt meiner Hierherberufung im Herbst 1841 bis zum Sommer 1848 habe ich als außerordentlicher Professor nur ein Gehalt von 400 Thaler N ⅔ bezogen und mußte ich jährlich mindestens halb so viel aus meinem Vermögen zusetzen. Darauf wurde mir im Jahre 1848 durch die Gnade des Großherzogs zuerst eine Gehaltserhöhung bis zu 800 Thaler Courant, dann bis zu 1000 Thaler Courant zugleich mit der ordentlichen Professur, in Anerkennung meiner schriftstellerischen Leistungen4, bewilligt; aber ich muß auch jetzt wieder, seitdem ich verheirathet bin5, beträchtlich von dem Meinigen zusetzen – so lange als ich noch etwas zuzusetzen habe.
  • 4) Wenn ich auch meine Wirksamkeit an der Universität nach den einmal hier gegebenen Verhältnissen nur gering und mein dem Lande in schwerer Zeit geleisteten Dienste nicht zu hoch anschlagen will, so dürfte, doch die erstere wenigstens nicht geringer sein als die von mehreren meiner Collegen, welche nach viel kürzerer Dienstzeit ein höheres Gehalt, als ich, erhielten; und was die letzteren anbetrifft, so würde es mir nicht wohl anstehen, mehr darüber zu sagen, als daß damals kein Anderer sich bereit gefunden hätte, in den von mir übernommenen schwierigen Posten einzutreten. Und ich brachte damals, um der hohen Regierung meine Dankbarkeit für Ihr unschätzbares Vertrauen zu beweisen und mich dem Lande in der Zeit der Noth nicht zu entziehen, noch ein anderes bedeutendes Opfer eigenen Interesses, indem ich sehr günstige Aussichten, die sich mir anderwärts eröffneten – wie ich denn ungefähr um dieselbe Zeit unter Anderem von der philosophischen Facultät in Leipzig primo loco6 zur Besetzung einer ordentlichen Professur vorgeschlagen wurde7 – gänzlich unberücksichtigt ließ. Wären sodann meine wissenschaftlichen Arbeiten nicht auf längere Zeit durch die übernommene Zeitungsredaction unterbrochen worden, so würde ich jetzt wahrscheinlich nicht genöthigt sein, eine Gehaltsverbesserung nachzusuchen. –

Mögen Ew. Hochwohlgeboren die vorstehenden Gesichtspunkte gütigst erwägen und bei nächster Feststellung des Universitäts-Etats die Erhöhung meines Gehalts zur Ausgleichung mit der hierorts gangbaren Besoldung ordentlicher Professoren, aus den angegebenen Rücksichten der Billigkeit, geneigtest befürworten!

Mit vollkommener Verehrung Ew. Hochwohlgeboren
ganz gehorsamster
Professor Carl Hegel.