Heidelberg den 5. Junj 1836
Lieber Hegel!
Ihr freundliches Briefgen das ich verstehtsichermaßen im Hörngen mitgetheilt habe ist uns recht erfreulich gewesen, indem es uns, neben dem Gehalt von Allerley Neuen Dingen, den alten guten Grund lebhaft darstellte wozu dann auch die Äußerung gehörte: daß Sie sich freiwilligen Genuß nur selten erlauben. Dagegen lieber Hegel muß ich fortwährend wenigstens in so weit protestiren, als das ununterbrochene Denken Ihrer Gesundheit nachtheilig ist oder werden wird. Wenn Sie auch iezt noch direkt nichts davon wahrnehmen so kann ich und ein befreundetes Frauenzimmer welche mit mir übereinstimmt, doch recht haben darin daß es Ihnen leiblich gesünder wäre sich jener so großen geistigen Anstrengung etwas mehr enthalten, denn in zu so vielem Löblichen die Gesundheit Grundlage ist, leuchtet ein. Gott behüt‘ der Köster schreibt mir da eine Predigt werden Sie sagen. In der That ist es heute Sonntag und ich bitte im Fall der Noth den …
nur dem Eindruck des Tags zuzuschreiben. Aber auch außerdem ist meine Stimmung ernsthaft, durch das große Übelbefinden meiner Cousine. Nachdem die Operation glücklich bestanden war und deren Heilung gut von Statten gieng, ihr Leiden sich sehr vermindert hatte und wir Alle der besten Hoffnung waren, kahmen ihre Schmerzen dennoch wieder und sind seit vielen Wochen in hohem Grad anhaltend geblieben, so daß nun ihr Zustand ganz hoffnungslos zu sein scheint und ist eben ein rechtes Elend; die Ärzte retiriren sich allmählig, wollen aber doch noch dies und jenes versuchen perge perge. Unter diesem häuslichen Druck müssen Sie mir es zu gut halten, daß ich Ihnen keinen fröhlichen Brief schreibe, wozu ich gewiß bereit wäre, weil ich außer dieser Sorge gesund bin und in Gott vergnügt, auch zufrieden insoweit ein Künstler das hier sein kann in dem gelehrten … von Heidelberg. Was also Stadt und gegendliche Neuigkeiten anbelangt (Musikfest hier; Herrn Eslaire in Manheim perge) so hoffe ich daß Sie noch außer mir mit irgend einer Seele brieflich verknüpft sind, die Ihnen mittheilt, was vielleicht in der Ferne interessanter ist als in der Nähe – So leben Sie wohl, viele Herzensgrüße der lieben Mutter und Emanuel von Ihrem treuen Freund
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P. S. Bitte mich Herrn Professor
Hotho zu empfehlen, Schlesinger zu grüßen, dem ich dieser Tage selbst schreibe. Vielleicht macht es Ihnen Vergnügen den Magnus ein wenig zu besuchen, ich lege deshalb ein Billet an ihn hierbey –
Heidelberg den 5 Junj 1836.
Köster (Koester), Christian PhilippChristian Philipp Köster 10418806517841851Köster (Koester), Christian Philipp (1784–1851), war ein aus der Pfalz stammender Landschaftsmaler und Restaurator in Heidelberg sowie Schwager seines Maler-Kollegen Johann Jakob Schlesinger (1792–1855).
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Heidelberg49.4093582,8.694724Alte Universitätsstadt am Neckar, seit 1803 zum Großherzog Baden gehörend und mit Eisenbahnanschluß seit 1840. Circa 90 Kilometer südlich von Frankfurt am Main gelegen, war die Stadt mit ihrer malerischen Schloßruine einer der Hauptorte der Romantik.
Privatbesitz
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Privatbesitz
1000
Neuhaus
, Helmut (Hg.): Karl Hegels Gedenkbuch. Lebenschronik eines Gelehrten des 19. Jahrhunderts, Köln, Weimar, Wien 2013.
Neuhaus
, Karl Hegels Gedenkbuch
2013
Eslaire, N. N.-Eslaire, N. N., Mannheim.
Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel)Immanuel HegelJurist/Konsistorialpräsident der Provinz Brandenburg11657072518141891 Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel) (1814–1891), Bruder Karl Hegels, studierte von 1832 bis 1834 und von 1835 bis 1836 Jura an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, von 1834 bis 1835 an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München, trat 1836 in den preußischen Staatsdienst ein und war als Verwaltungsjurist in verschiedenen Verwendungen des Königreichs Preußen, vor allem im Staatsministerium, tätig, wurde 1865 Präsident des Konsistoriums der Provinz Brandenburg, heiratete 1845 Friederike Flottwell (1822–1861) und 1865 Clara Flottwell (1825–1912), beide Töchter des oftmaligen preußischen Oberpräsidenten und Staatsmanns Eduard Heinrich Flottwell (1786–1865), war u. a. Vater des preußischen Verwaltungsbeamten und Politikers Wilhelm (Willi) Hegel (1849–1925), war 1856 Taufpate seines Neffen Georg Hegel (1856–1933).
Hotho, Heinrich GustavHeinrich Gustav Hotho11915495118021873Hotho, Heinrich Gustav (1802–1873), in Berlin geborener hugenottischer Fabrikantensohn, Kunsthistoriker und Philosoph, der von 1821 bis 1824 an den Universitäten Berlin und Breslau studierte und sich 1827 in Berlin habilitierte. Zunächst Privatdozent, wurde er 1828 außerordentlicher Professor der Kunstgeschichte an der Berliner Universität, 1832 Mitarbeiter in der Gemäldegalerie und 1859 Direktor des Berliner Kupferstichkabinetts.
Schlesinger, (Johann) Jakob11732610017921855Schlesinger, (Johann) Jakob (1792–1855), war ein aus Worms stammender Maler und Restaurator, Sohn des Malers Johann Adam Schlesinger (1759–1829) sowie Schwager seines Maler-Kollegen Christian Philipp Köster (1784–1851).
Magnus, Leopold Eduard11873018517991872Magnus, Leopold Eduard (1799–1872), in Berlin geborener Maler und Sohn eines reichen Kaufmanns und Bankiers, der vor allem als Porträtmaler hervorgetreten ist und höchsten Ruhm erlangte.
Mannheim49.4892913,8.4673098Ehemalige Residenzstadt der Kurfürsten von der Pfalz an der Mündung des Neckars in den Rhein, etwa 80 Kilometer südlich von Frankfurt am Main gelegen, seit 1806 Stadt im Großherzogtum Baden.
Hörnchen, HörngenHeidelberger Gaststätte, eigentlich: „Waldhorn am Neckar“, auch: „Wirtshaus zum Hörnchen“.
Waldhorn (Neckar)Heidelberger Gaststätte, eigentlich: „Waldhorn am Neckar“, auch: „Wirtshaus zum Hörnchen“, am nördlichen Neckar-Ufer unweit der Alten Brücke in Heidelberg gelegen, unterhalb des Philosophenweges mit Blick auf die Runie des Heidelberger Schlosses.